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Audemars Piguet, Tudor, Bulgari, Chopard, Grand Seiko & Co. – die Liste der Gewinner des Grand Prix d’Horlogerie de Genève im Jahre 2021 ist prominent gefüllt mit Modellen von 18, vornehmlich Schweizer, Luxusuhrenherstellern. Doch auch ein chinesischer Hersteller wurde mit dem renommierten Preis bedacht: CIGA Design mit dem Modell Blue Planet, dessen Gestaltung und Art der Zeitanzeige sich signifikant von anderen Zeitmessern unterscheidet…

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Eckdaten CIGA Design U-Series Blue Planet GPHG Mechanical Watch (Ref. U031-SU01-W6U)

  • Saphirglas
  • Gehäuse aus 316L-Edelstahl, poliert (unter der Ref. U031-TU02-W6U auch mit satiniertem Titangehäuse erhältlich)
  • Automatikkaliber, proprietär
  • Gehäusedurchmesser: 46 mm
  • Gehäusehöhe: 15 mm
  • Armband aus Silikon
  • Bandanstoß: 22 mm
  • Wasserdichtigkeit: 3 ATM
  • Preis: 934€, direkt über cigadesign.com
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CIGA Design: Über den GPHG

Seit dem Jahr 2011 richtet die GPHG Stiftung, deren Mitglieder das Kanton Genf, die Stadt Genf, das internationale Uhrenmuseum in La Chaux-de-Fonds, das Timelab und die Edipresse Group sind, die Vergabe von Auszeichnungen in verschiedenen Kategorien aus. Die “Academy” besteht dabei aus mehreren hundert Mitgliedern, allesamt Vertreter der internationalen Uhrmacherei. Jedes Jahr wird eine Jury aus 30 Mitgliedern der Academy gebildet, welche ausgewählte Neuerscheinungen der jeweiligen Jahre küren.

Alles in allem ist der GPHG sowas wie der Oscar für die Uhrenindustrie im Allgemeinen und gleichzeitig eine Art Heimspiel für die Schweizer Uhrenindustrie – umso spannender ist, dass sich 2021 unter den 18 Gewinnern auch ein chinesischer Hersteller befand: CIGA Design, und zwar in der Kategorie Challenge Watch Prize für Uhren mit einem Preis von unter 3500 CHF.

Zum ersten Mal in der GPHG-Geschichte gab es damit außerdem einen Gewinner, der nicht aus den traditionellen Uhrenhochburgen in Europa oder Japan stammte. Gleichzeitig wurde zum allerersten mal überhaupt ein chinesisches Unternehmen beim Großen Preis von Genf ausgezeichnet.

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Repräsentanten der Gewinner-Marken 2021

Über CIGA Design

Bis zur Bekanntgabe von CIGA Design als einer der Gewinner des GPHG, hatten in unseren Breitengraden wohl kaum jemand den chinesischen Uhrenhersteller auf dem Schirm.

Der Kopf hinter CIGA Design ist ein gewisser Zhang Jianmin, der Industriedesign an der heutigen Shaanxi University of Science and Technology studiert hat, bevor er seinen Karrierepfad als Grafikdesigner einschlug. Anfang der 1990er Jahre zog es Zhang nach Shenzhen, der viertgrößten Stadt Chinas, wo er als Designer von Leitsystemen begann, ähnlich denen, die man auf Flughäfen vorfindet. 

Nach einigen Jahren des Experimentierens begann Zhang mit der Arbeit an Uhren und gründete anno 2012 CIGA Design (ein Akronym für China International Great Art). CIGA Design erwirtschaftet derzeit rund 90% seines Umsatzes in China. Seit 2019 ist der Uhrenhersteller aber sukzessive in den internationalen Markt eingestiegen, zum Beispiel Indonesien, das Vereinigte Königreich, Malaysia, die Schweiz und Deutschland.

Neben dem GPHG-Award versammeln sich einige weitere Preise in der Vitrine von CIGA Design: 9 Red Dot Design Awards, 2 iF Design Awards und 3 German Design Awards.

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CIGA Design Blue Planet im Test

Bereits im Jahre 1616 hatte man in Rom die Lehre von der Erdbewegung als „absurd in der Philosophie und mindestens irrgläubig in der Theologie“ bezeichnet. Weil eine bewegte Erde angeblich der Heiligen Schrift widersprach, wurde gegen den Gelehrten Galileo Galilei und sein Buch das Inquisitionsverfahren eingeleitet. Galilei musste seiner Lehre von der Erdbewegung abschwören – später aber soll er nach dem erzwungen Widerruf trotzig gesagt haben: „Und sie bewegt sich doch!“

Und auch die CIGA Design Blue Planet bewegt sich: Das Zifferblatt (falls man es überhaupt so nennen kann) unterscheidet sich auf krasse Art und Weise von den Blättern üblicher Zeitmesser – der gewölbte und überaus detailliert verarbeitete Globus in der Mitte dreht sich langsam, während zwei schwarze Ringe aus Zahlen und Markierungen die Erde umgeben (einer davon dreht sich ebenfalls, dazu gleich mehr).

Die Perspektive auf die Erde ist dabei stets gleich: der Blick ist immer auf den Indischen Ozean gerichtet und alles was “drum herum” ist, also beispielsweise Ost-Afrikanische Länder, Indien, Malaysia, Thailand, Australien und – na klar – China.

Beeindruckend: Die Landmasse ist so detailliert und plastisch eingraviert, dass man beispielsweise geografische Formationen problemlos identifizieren kann – besonders sticht dabei das Himalaya-Gebirge hervor, das größte existierende Gebirge der Erde, das mit 8849 Metern Höhe unter anderem den Mount Everest beherbergt. Dadurch, dass der Globus in der Mitte stark hochgewölbt ist, wird der plastische Eindruck noch verstärkt. Auf Makroaufnahmen wird die hochdetaillierte Umsetzung wunderbar deutlich.

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Die CIGA Design Blue Planet ist ein bisschen so wie ich mir den Blick durch ein Fenster in der Cupola der iss vorstelle: Astronauten, die den blauen Planeten mit eigenen Augen gesehen haben, schwärmen oft ein gesamtes Leben lang von ihren nachhaltig prägenden Eindrücken. Dieser Blick auf die Erde wird von Astronauten auch als “Overview-Effekt” bzw. „Übersichtseffekt“ beschrieben: Der Begriff wurde durch das gleichnamige Buch von Frank White aus dem Jahr 1987 geprägt. Die US-Raumfahrtbehörde NASA schreibt dazu: „Die Auswirkungen des Blicks von oben auf die Erde führt zu einer Veränderung der Art und Weise, wie Astronauten unseren Planeten und das Leben selbst sehen und darüber denken.“

Alles in allem wirkt die CIGA Design Blue Planet deutlich hochwertiger als viele andere Zeitmesser in der Preisklasse von um die 1000€ – und darüber hinaus.

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Das hochgewölbte Saphirglas unterstreicht den Weltkugeleffekt, genauso wie das minimalistische, vollständig polierte Edelstahl-Gehäuse, das in seiner Form an ein UFO erinnert. Dessen runde Form wird nur durch Aussparungen für das überaus flexible, farblich abgestimmte Silikonband und die Krone auf “3 Uhr” durchbrochen. Mit 46 mm hat das Gehäuse einen stattlichen Durchmesser, durch das Fehlen klassischer Hörner muss man aber nicht unbedingt ein Bodybuilder sein – zum Vergleich (siehe unten): Mein Handgelenkumfang beträgt in etwa 19 cm.

Darüber hinaus hat das kugelförmige Zifferblatt nur etwa 26 Millimeter im Durchmesser, was ebenfalls dazu beiträgt, dass die Gesamtwirkung der Blue Planet abgemildert wird. Alles in allem empfinde ich die CIGA Design Blue Planet hinsichtlich Tragekomfort als überdurchschnittlich angenehm.

Das proprietäre CIGA Design-Kaliber in der Blue Planet

Das Kaliber in der Blue Planet kommt mit 30 Steinen, schlägt mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde (4 Hz) und verfügt über eine Gangreserve von 40 Stunden. Die Ganggenauigkeit liegt bei -15/+30 Sekunden pro Tag. Viel mehr Angaben macht CIGA nicht zum Kaliber. Und man muss sagen: Das sind auf dem Papier sicherlich keine Spezifikationen, die im Preisbereich von 1000€ für Aha-Effekte sorgen. 

Der Fokus von CIGA Design lag offenbar woanders: Bei einer typischen mechanischen Uhr schreitet der Stundenzeiger mit 30° und der Minutenzeiger um 360° pro Stunde voran – logisch! Für das Kaliber der Blue Planet hat CIGA Design dieses klassische Übersetzungsverhältnis geändert, um mit einem einzigen “Zeiger” sowohl die Stunde als auch die Minute anzeigen zu können.

Die Zeitanzeige erfolgt dabei aber nicht über Zeiger im klassischen Sinne: Fest eingebettet zwischen den Darstellungen von Madagaskar und der Antarktis befindet sich eine Windrose bzw. Kompassrose, also das bekannte grafische Mittel, um Himmelsrichtungen darzustellen, zum Beispiel auf geographischen Karten. Das Kaliber dreht den Globus alle 12 Stunden vollständig, sodass die Kompassrose auf die richtige Stunde am äußeren Ring zeigt. Der äußere Stundenring bewegt sich nicht, der dazwischenliegende Minutenring hingegen schon – und dessen Drehung wurde so konstruiert, dass die Windrose auf dem Globus auf die jeweils richtige Minute zeigt.

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Die Darstellungsweise ist effektiv ähnlich wie bei einer klassischen Einzeigeruhr, nur, dass man eben den Vorteil hat, dass man dank des rotierenden Minutenrings die Minuten viel präziser ablesen kann.

Kurzes Beispiel gefällig? Hier zeigt die CIGA Design Blue Planet 12.32 Uhr an:

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In diesem Zeitraffer-Video wird die Darstellungsweise noch mal deutlich:

Für diese spezielle Form der Zeitdarstellung hat sich CIGA Design mit der Tianjin Seagull Watch Group zusammengetan. Die Ursprünge von Seagull gehen auf das Jahr 1955 zurück, als die chinesische Regierung beschloss sich mit einer eigenen Uhrenindustrie unabhängig von Importen aus der Schweiz und der Sowjetunion zu machen. Und das ist auch gelungen: Heute gehört die Tianjin Seagull Watch Group neben ETA, Seiko und Miyota zu den größten Herstellern von mechanischen Uhrwerken weltweit. Leider habe ich keine aktuelleren Zahlen, zur Einordnung aber trotzdem ganz nett ist, dass Seagull im Jahre 2010 mit 3000 Mitarbeitern und 3,7 Millionen produzierten mechanischen Uhrwerken deutlich mehr Werke als Miyota (Citizen-Gruppe) mit ca. 1,8 Millionen mechanischen Uhrwerken pro Jahr baute. ETA (Swatch-Gruppe) kam 2011 auf ca. 5 Millionen mechanische Uhrwerke.

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Als Dekorationen kommen Perlage und Genfer Streifen auf dem Rotor zum Einsatz.
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Normalerweise lege ich in meinen Reviews keinen allzu großen Fokus auf Boxen, da mir persönlich diese nicht allzu wichtig sind (und am Ende irgendwo im Schrank oder in einer Ecke verstauben). Im Falle der CIGA Design Blue Planet verdient die Box (falls man sie überhaupt so nennen kann) abschließend aber ein paar Zeilen: Uhr und Band sind in Aussparungen innerhalb eines hochwertigen Hardcover-Buches eingebettet. Das Buch wiederum beinhaltet unter anderem auch Eckdaten und Bilder zur Erde und die Bedienungsanleitung: Prädikat: Durchdacht und pfiffig und mehr als passend zum Design-Schwerpunkt des Zeitmessers.

Abschließende Gedanken

Das ausladende runde Gehäuse und das ungewöhnliche “Zifferblatt” sind sicherlich nicht jedermanns Sache. Die CIGA Design Blue Planet bringt ganz sicher auch nicht die praktischste Art die Uhrzeit anzuzeigen mit. Kurzum: Es handelt sich schlicht nicht um eine klassische “Alltagsuhr”. Wer sich für einzigartige Designs, die durch pfiffige Mechanik ermöglicht wird, begeistern kann und nicht viel Wert auf COSC-Präzision legt, der wird aber sehr viel Freude mit der Blue Planet haben. Und ich kann mich an dieser Stelle nur noch mal wiederholen: Die optische Anmutung macht extrem viel her – die Blue Planet sieht in Natura deutlich hochwertiger und teurer aus als das Preisschild von ca. 1000€ vermuten lassen. Alles in allem verwundert es keineswegs, dass CIGA Design den GPHG-Award absahnen konnte.

Übrigens: Bei Bestellung über cigadesign.com erfolgt die Abwicklung kundenfreundlich über Fulfillment by Amazon (FBA), auf Deutsch: Versand durch Amazon. Das ist ein Service, bei dem sich Amazon um die Lagerung, Verpackung und den Versand, den Kundensupport und die Rücksendungen kümmert. Mit Zollabwicklung bzw. “versteckten” Kosten für Einfuhrumsatzsteuer muss man sich entsprechend nicht rumärgern (gilt für Bestellungen aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und den USA).

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Archer
8 Monate zurück

Hallo Mario,
ich finde Dein Fazit zur Uhr sehr angebracht. Es ist keine Alltags- sondern eine Designuhr.
Bei der Verarbeitungsqualität zeigen die Chinesen mal, dass sie nicht nur billig können.
Mir hat die Uhr gut gefallen. Jedoch waren für mich die Zahlen etwas klein, wodurch ich Probleme
mit dem Ablesen der Zeit hatte. Deshalb habe ich mich wieder von der Uhr getrennt.
Beste Grüße