(Fortsetzung von Teil 1/2 zur Baselworld 2017)
In Halle 2 der Baselworld 2017 erwartete uns eine komplett andere Welt: Zum einen deutlich kompaktere Messestände, dicht an dicht und Wand an Wand. Zum anderen Standpersonal, das uns teilweise schon von Weitem aufgrund der Presseausweise als “Opfer” ausmachte und engagiert ansprang, da offensichtlich nicht genug Besucher kamen.
Kurzum: Wurde man in Halle 1 von Glanz und Gloria noch förmlich erschlagen, gab es in Halle 2 Hersteller mit kleinem Budget, aber großer Bereitschaft für persönliche und individuelle Gespräche…
Teil 1 gibt es übrigens hier:
Unsere Stationen in Halle 2 auf der Baselworld 2017: Laco, Sinn, Mühle Glashütte und Stowa
Wenn Schweizer Lohnniveau und Messepreise zusammenfallen, kommt man als echter (Wahl-)Schwabe kaum dran vorbei einen Euro pro Kilokalorien-Faktor für die angebotenen Speisen zu errechnen 😉 Aber Spaß bei Seite: Für das Standpersonal sind die Schweizer Preise natürlich ein echter Geldbeutel-Killer: Eine Dame von einem Uhrenhersteller verriet uns, dass sie und ihre Kollegen am Abend immer notgedrungen über die Grenze fahren, um zu halbwegs vernünftigen Preisen dinieren zu können.
Nachdem wir unsere (immerhin leckeren) 9,50€-Brötchen vorsichtig in uns reingedrückt haben (bloß keine wertvollen Kalorien über Krümel verlieren!), schauten wir uns mal etwas genauer in Halle 2 um: Die Großbauten der Top-Hersteller und die weitläufigen Strecken zwischen den Ständen sind hier auf fußschonende Maße geschrumpft. Geschrumpft ist auch der Prunk aus Halle 1 und damit die Menschenmengen.
Einige Hersteller in Halle 2 waren ganz offensichtlich nicht ausgelastet und fingen uns beim Anblick der Presseausweise auf unserem Weg zum nächsten Termin ab, um ihre Produkte vorzuführen. Zumindest versuchten Sie es – denn bei Laco 1925 lockte ein neues Bronze-Modell, das wir uns natürlich nicht entgehen lassen wollten…
Laco 1925: Konsequenter Ausbau des Portfolios mit Vintage-Varianten / die neue Bronze-Beobachtungsuhr
Volle Hütte bei Laco – und das zu Recht! Nach einem freundlichen Empfang kommunizierten wir direkt unser Interesse für die originalgetreuen Laco Beobachtungsuhren. Statt der neuen Modelle hat man uns aber erst mal eine alte Kamelle in die Hand gedrückt – und was für eine! Eine top instandgesetzte und wie neu aussehende original Laco Beobachtungsuhr aus dem zweiten Weltkrieg durfte den Weg an meinen Arm finden. So richtig in echt – und nicht hinter einer Vitrine versteckt! Ich freute mich wie ein kleines Kind zu Weihnachten…
Auch ein schöner Rücken kann entzücken – der Glasboden bei der original Beobachtungsuhr ist eine Sonderanfertigung von Laco, um dem schönen Werk bei der Arbeit zugucken zu können:
Kommen wir aber zurück zu den echten Neuheiten von Laco: Zum einen wäre da die von mir sehnsüchtig erwartete Laco Bronze Beobachtungsuhr, die voraussichtlich im Sommer 2017 auf den Markt kommen wird. Zwei künstlich gealterte Bänder werden voraussichtlich zur Wahl stehen: das geschlossene Band der Laco Erbstück und ein weiteres, offenes Band mit Bronze-Dornschließe.
Toll: Das künstlich gealterte Ziffernblatt der Laco Erbstück findet auch bei der Bronze-Beobachtungsuhr Einzug – Vintage pur! Die Verarbeitung ist, wie von Laco gewohnt, wieder erste Sahne. Leider ist derzeit nur eine 45mm-Variante geplant…
Für echte Hardcore-Fans alter Beobachtungsuhren wird bald auch noch ein echter Traum wahr: Die Laco Erbstück Beobachtungsuhr kommt im Laufe des Jahres 2017 in einer imposanten, originalgetreuen 55mm Variante:
Auch das Sonnenschliff-Ziffernblatt der neuen Laco Beobachtungsuhr “Blaue Stunde” weiß zu gefallen:
Sinn: Klassiker und Vintage vs. modernste Einsatzuhren
Überaus freundlich hat man uns auch bei Sinn Spezialuhren empfangen – unkompliziert und ohne Termin. Dort fanden wir einen ziemlich großen Kontrast innerhalb der neuen Modelle vor: Auf der einen Seite klassische (Flieger-)Modelle und Varianten mit Vintage-Charme wie z.B. der Sinn 103 St Sa E Chronograph mit brauner Leuchtmasse…
…und auf der anderen Seite hochmoderne Modelle, die sehr gut zu Sinns Ausrichtung auf robuste Einsatzuhren passen, z.B. die neue Sinn 240 St GZ mit tollen blauen Highlights und robuster Gehäuseform (ab 1490€)…
… und mein absoluter Favorit: Die Sinn EZM 12, die für den Luftrettungsdienst entwickelt wurde und daher mit einigen coolen Männer-Gimmicks kommt, darunter ein Pulsometer sowie die Möglichkeit die Lünette mit dem beiliegenden Taschenmesser ratz-fatz zu entfernen.
Auch das Kautschukband ist mit einem einfachen Handgriff gelöst:
Der Sinn (sorry, für den flachen Wortwitz ;-)): Das einfache und schnelle Reinigen bzw. Desinfizieren der Einzelteile im Einsatz…
Diese und weitere, Sinn-typische Technologien haben allerdings ihren Preis: Mit 3250€ für die Sinn EZM 12 ist man dabei…
Stowa: Sympathische Beratung durch Schauer-Junior
Stowa gehört neben Laco, IWC u.a. zu den historischen Herstellern von Beobachtungsuhren im zweiten Weltkrieg. Und auch dort empfing man uns direkt mit einer original Beobachtungsuhr, dieses mal im A-Muster – yeah!
Wie sich im späteren Verlaufe der Uhren-Demonstration herausstellte, war es der (ziemlich junge) Sohnemann von Stowa-Geschäftsführer Jörg Schauer, der uns alles gezeigt und dazu freundlich und geduldig beraten hat. Daumen hoch!
Auch bei Stowa ist der Vintage-Trend angekommen: Die klassischen Stowa Beobachtungsuhren warteten mit einer schicken, gealterten Leuchtmasse auf – hier ein guter Vergleich gegenüber einem “normalen” Modell:
Stowas Vintage-Umsetzung ist im Vergleich zur Laco Erbstück natürlich vergleichsweise zaghaft, aber auch bei der Manufaktur im beschaulichen Schwarzwälder Engelsbrand weiß man wie man Beobachtungsuhren in toller Qualität fertigt – teilweise kommen dabei auch abgewandelte Varianten mit kleiner Sekunde auf 9 Uhr oder ein graues Ziffernblatt zum Einsatz…
Erstmals konnte ich auch die dekorierte Schwungmasse der Automatikkaliber live begutachten – eine tolle Idee und ein hervorragender Kompromiss aus dem original Beobachtungsuhren-Gehäuseboden und einem Blick in das Innere der Uhr:
Neben neuen Stowa-Modellen kamen auch einige ältere an meinen Arm – besonders schnieke fand ich die charakteristische Lünette und das klare Design des Modells Flieger DIN Professional, welche nach der DIN 8330 für Fliegeruhren getestet wurde (mehr zur DIN 8330 in diesem Artikel).
Mühle Glashütte: Nautisch-sportliche Neuheiten
Auch die neuen Modelle von Mühle Glashütte haben wir begutachten dürfen – zwar waren es nicht viele Neuschöpfungen, insbesondere die sportliche Teutonia Sport I und die Teutonia Sport II mit dem tollen Band (Innenseite: rotes Kautschuk) und dem markanten, groben Schliff an der Gehäuseseite stachen heraus. Für den Sommer sind die Riffelung und die Perforierung des Bandes sicherlich eine feine Sache…
Baselworld 2017: Fazit & Trends
Bodenständig und näher am Menschen – das zeichnete die Halle 2 gegenüber der Halle 1 aus. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich mich dort bei vielen Herstellern pudelwohl gefühlt habe. Einige Trends waren auch auszumachen. Die Kurzvariante: Blau! Vintage! Jung!
Erstere beide Stichwörter dürften nach meinen beiden Artikeln über die Baselworld 2017 selbsterklärend sein. Jung bedarf vielleicht noch einer Erklärung: Ich hatte eindeutig das Gefühl, dass (zumindest einige) Hersteller dazugelernt haben und, anstelle die Preisschraube weiter anzuziehen, versuchen junge Kunden für sich zu gewinnen. Dafür sprechen Markenbotschafter wie z.B. Supermodel Bella Hadid…
… oder neue Einsteigermodelle wie die Nomos Campus oder die TAG Heuer Quarz-Aquaracer mit roter Lünette. Auch die (teilweise noch zaghafte) Fokussierung oder Portfolio-Ergänzung mit Smartwatches oder Uhren mit Zusatzfunktionen wie die Alpina HSW deuten in diese Richtung…
Ich freue mich jedenfalls schon auf die Baselworld 2018! 🙂