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Bei BA111OD mutet nicht nur der Markenname modern an. Auch die Modellpalette ist designtechnisch überaus modern gehalten – mit der beeindruckenden Komplikation der CHPTR_Δ mit Deltoid-Anzeige als spannendes Beispiel.

BA111OD als Marke ist zwar noch relativ jung, die Familie Baillod ist aber kein unbeschriebenes Blatt in der Schweizer Uhrenindustrie: Als ich Thomas Baillod (ausgesprochen: bah-joh) auf der Inhorgenta 2025 traf, zeigt er mir exemplarisch eine Taschenuhr aus dem Jahre 1880, die von seiner Uhrmacherfamilie stammt. Die älteste identifizierbare Baillod-Uhr stammt gar aus dem Jahr 1793.

Richten wir den Blick nach vorne: Neu im Gepäck auf der Inhorgenta hatte Thomas Baillod eine besonders ganggenaue, Chronometer-zertifizierte Uhr mit Schweizer Kaliber für unter 1000€ – die BA111OD Chapter 7. Und diese Kombination hat definitiv Seltenheitscharakter bzw. dürfte aktuell so ziemlich einmalig sein. Schauen wir mal genauer hin.

Eckdaten BA111OD Chapter 7:

  • Swiss Made
  • Sonnenschliff-Zifferblatt mit kaskadenförmigem Guilloché-Muster
  • Facettierte Indexe mit Superluminova
  • Durchmesser 40 mm, Edelstahl 316L
  • Gehäuseboden aus transparentem Saphirglas
  • Dicke: 10,50 mm
  • Horn-zu-Horn: 47 mm
  • Saphirglas mit vierfacher Antireflexionsbeschichtung
  • Kaliber Soprod P024 Automatik mit 25 Steinen, 28800 bph, zertifiziert als Chronometer durch das Observatoire de Chronométrie de Genève (TIMELAB), Gangreserve 38 Stunden
  • Krone bei „4 Uhr“, nicht verschraubt
  • Wasserdichtigkeit 10 atm / 10 bar / 100 Meter
  • Edelstahlarmband mit Drückerfaltschließe, werkzeugfreie Feinjustierung
  • Alternativ: Kautschukband
  • Preis: ab 895€ (am Kautschuk)

Tipp: Das Review gibt es auch in bewegten Bildern auf YouTube:

BA111OD Chapter 7: Soprod-Kaliber mit Chronometer-Zertifizierung – aber nicht von der COSC

Ein Chronometer für unter 1000€ – der Aufhänger ist zugegebenermaßen nicht unbedingt neu: Ich erinnere mich noch gut daran als ich Formex-CEO Raphael Granito mal am Rande der Baselworld getroffen habe und dieser mit stolz ein neues Modell zeigte – ein Chronometer für unter 1000€. Aber: Das war anno 2018 und die Kosten für die Uhrenhersteller (z.B. Einkauf der Kaliber) sind bekanntermaßen in den letzten Jahren alles andere als gesunken: Die Schweizer Produzenten- und Importpreise sind 2021 um 2,7% und 2022 um 5,6% gestiegen. Erst 2024 gab es leichte Entspannung. Insofern klingt ein Preis von unter 1000€ für einen Chronometer, der auch im Falle der Chapter 7 in der Schweiz produziert wird (vom Vater-Tochter-Uhrmacherduo Regi und Rebecca im Neuenburger BA111OD-Atelier), heutzutage sogar noch krasser als es damals der Fall war.

Die BA111OD Chapter 7 kommt konkret mit dem Kaliber Soprod P024. Der spezialisierte Hersteller mit Standorten in Les Reussilles, Le Sentier, Muriaux, Saignelégier, Sion und Maîche ist seit immerhin 1966 aktiv und lässt sich daher als Traditionsunternehmen bezeichnen. Seit 2007 ist Soprod unter dem Schirm der spanischen Festina Group (Festina Soprod Suisse S. A.), Soprod-Kaliber sind aber nach wie vor Swiss Made. Da mittlerweile keine ETA-Werke mehr für die allermeisten Uhrenhersteller beziehbar sind, springen (neben Sellita) auch zunehmend andere Hersteller wie eben Soprod in die Bresche. Konkret basiert das P024 dabei auf der über Jahrzehnte bewährten Architektur des ETA 2824-2.

So wie das berühmte Tempo zum Gattungsnamen für ein Taschentuch im Allgemeinen geworden ist, ist die Contrôle Officiel Suisse des Chronomètres (COSC) die dominierende Kraft bei der Chronometer-Zertifizierung. COSC und Chronometer – die beiden Wörter sind in den Köpfen der Uhrenfreunde absolut verschmolzen.

Die Chronometer-Zertifizierung des Soprod-Kalibers stammt allerdings ungewöhnlicherweise nicht von der COSC, sondern vom Observatoire de Chronométrie de Genève (TIMELAB). TIMELAB ist aber alles anderes als ein unbeschriebenes Blatt, denn die privatrechtliche Stiftung und Zertifizierungsstelle ist im Auftrag des Kantons Genf auch für das bekannte Genfer Siegel verantwortlich.

Kurz zur historischen Einordnung: Die COSC wurde in den 1970er-Jahren gegründet, um einen einheitlichen Standard zu schaffen. Jahrzehntelang stellte der Kanton Genf der COSC ein offizielles Büro zur Verfügung. Da seine Dienstleistungen aber vorrangig von privaten Unternehmen in Anspruch genommen werden, hat der Kanton Genf irgendwann entschieden, dass diese Funktion von einer privaten Stiftung wahrgenommen werden soll. Dies führte 2008 zur Gründung von TIMELAB, das die Verantwortung als offizielles Büro der COSC übernahm. Heute stellt TIMELAB unabhängig von der COSC bzw. in Eigenregie Chronometerzertifikate aus. Als Alternative zur COSC wickelt TIMELAB rund 5.000 Uhren pro Jahr ab – ein Bruchteil der 2,4 Millionen Stück der COSC (Stand 2024).

Uhren (mit eingeschalten Werken) bzw. (nicht eingeschalte) Werke, die bei TIMELAB für die Chronometer-Zertifizierung eingereicht werden, werden über 16 Tage auf sieben Kriterien geprüft. Konkret handelt es sich um Kriterien wie die größte Abweichung, der Unterschied zwischen horizontalen und vertikalen Positionen, die Abweichung aufgrund von Temperaturänderungen etc. Die wohl bekannteste ist die durchschnittliche Abweichung pro Tag, die -4/+6 Sekunden nicht überschreiten darf – genau derselbe Rahmen wie bei der COSC. Ausgangsbasis für all das ist, genau wie bei der COSC, die Norm ISO 3159 „Timekeeping instruments — Wrist-chronometers with spring balance oscillator“.

Aber auch fernab der Technik hat die Chapter 7 schöne Besonderheiten an Bord: BA111OD kombiniert einen feinen Sonnenschliff mit einem gelungen, relativ dezenten Zifferblatt-Muster. Umgesetzt wurde das Muster mit einer Guilloché-Technik, also einer dekorative Metallverarbeitungstechnik, bei der durch maschinelles Gravieren Muster in ein Material eingraviert werden. Auch auf Nahaufnahmen machen die einzelnen Rillen einen sehr präzise verarbeiteten Eindruck. Die dynamischen, vertikalen Linien sollen durch ihre verschiedene Länge auf stilisierte Art und Weise an den Wasserfall Môtier erinnern, der sich in der Nähe des BA111OD-Hauptsitzes in Neuenburg/Neuchâtel befindet.

Hier im Artikel zeigen wir die beliebte Farbe Frostblau. Diese bringt in Verbindung mit den polierten Zeigern und den applizierten Stundenindizes (und das liegt in der Natur der Sache) nicht den allerhöchsten Kontrast mit. Wer beispielsweise Probleme mit den Augen hat und eine optimale Ablesbarkeit wünscht, der sollte eher zu den kontrastreicheren Varianten Waldgrün, Absolutblau oder Jetblack greifen.

Wie es sich für eine Stahl-Sportuhr im Genta-Stil gehört, hat BA111OD dem Gehäuse und dem Band eine Menge Aufmerksamkeit gewidmet: Das Gehäuse wirkt sehr schwer und massiv und ist fast durchgängig sehr fein satiniert. Eine polierte Fase und die schmale, seitlich polierte Lünette sorgen für ansehnliche Akzente. Besonders gefällig ist die klassische, knackscharfe „Genta’sche Kante“, d.h. der nahtlose Übergang vom Gehäuse zum vollintegrierten Band.

Ungewöhnlich, aber schonend für den Handrücken beim Beugen des Handgelenkes und damit auch gut für den Tragekomfort ist, dass sich die (unverschraubte) Krone versetzt auf „4 Uhr“ befindet – eine Art Markenzeichen (fast) aller BA111OD-Modelle mit Ausnahme des Kapitel 5.1 Chronos.

Dem Tragekomfort zuträglich sind auch die eher kompakten Maße von 40 mm Durchmesser und nur 10,5 mm Höhe. BA111OD gibt das Horn-zu-Horn-Maß mit 47 mm an, allerdings muss man beachten, dass das erste Bandglied relativ „steif“ am Gehäuse andockt, wodurch sich faktisch ein Horn-zu-Horn-Maß von 53 mm ergibt – das klingt viel, allerdings sind die „Hörner“ und das erste Bandglied, wie man auf den Bildern unten gut sehen kann, stark nach unten gezogen, wodurch sich Gehäuse und Band wunderbar um den Arm schmiegen. In der Summe ist die Uhr auch für schmalere Handgelenke sicherlich gut tragbar – zum Vergleich: Mein Handgelenkumfang beträgt in etwa 18,5 cm.

Alternativ zum Stahlband steht auch ein Kautschukband zur Auswahl, das das Zifferblattmuster aufgreift und farblich auf die jeweiligen Varianten abgestimmt ist – und es ist natürlich ebenfalls vollintegriert. Leider sind keine Schnellwechselfederstege an Bord, was wegen der vollintegrierten Machart und der damit einhergehenden Mini-Federstege insbesondere einen Wechsel auf das Stahlband etwas fummelig macht.

Gleichzeitig sehe ich nicht viele Gründe das Stahlband zu demontieren: Die Optik sowie die Haptik sind mehr als ordentlich. Gut ist in dem Zusammenhang auch, dass BA111OD der Schließe eine werkzeugfreie Feinjustierungsmöglichkeit über einen kleinen Schieber im Inneren spendiert hat – etwas, das IWC bei der Ingenieur 40 auch Jahre nach der Lancierung immer noch nicht gebacken bekommen hat.

Abschließende Gedanken

Die BA111OD Chapter 7 ist sowas wie ein „Brot und Butter“-Modell, das prädestiniert dafür ist einen größeren Kreis an Uhrenfreunden anzusprechen, um BA111OD letztendlich bekannter zu machen. Denn so genial auch Modelle wie die BA111OD CHPTR_Δ mit Deltoid-Anzeige sind – sie sind designtechnisch eben auch etwas spezieller und daher sicher nicht für alle Uhrenfreunde von Interesse. Lobenswert ist gleichzeitig, trotz klarer Stahl-Sport-/Genta-DNA, dass die designtechnische Handschrift von BA111OD auch bei der Chapter 7 deutlich zu erkennen ist (eigenständige Blattstruktur, hängende Krone).

In meinem Kopf drängte sich noch der direkte Vergleich mit der Circula Facet mit dem La Joux-Perret G100 auf. Beide Modelle bewegen sich klar im Genta’schen Dunstkreis, wobei die Facet bei Blatt, Gehäuse und Stahlband spürbar aufwändiger verarbeitet ist – das macht sich aber auch beim Preis bemerkbar, der am Stahlband bei 1990€ liegt, also rund das Doppelte der BA111OD Chapter 7.

Summa summarum bringt die BA111OD Chapter 7 ein richtig richtig gutes Preis-Leistungs-Verhältnis mit. Insbesondere die Chronometer-Zertifizierung ist für Freunde der hohen Ganggenauigkeit ein dicker Pluspunkt, den man in der Preisklasse von unter 1000€ heute eigentlich überhaupt nicht mehr vorfindet. Für mich ist die BA111OD Chapter 7, neben der kürzlich vorgestellten HEINRICH Radiance, eine meiner persönlichen Highlights 2025.

Tipp: Das Review gibt es auch in bewegten Bildern auf YouTube:

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Daniel
14 Tage zurück

Hallo Mario,
gern schließe ich mich den Aussagen deines Beitrags an. Zusätzlich noch einige Infos nach einiger Zeit Selbsterfahrung mit dem frostblauen Modell:
–         die applizierten Indizes sind so flach, dass sie wie fett gedruckt wirken
–         das vergleichsweise kleine Datumsfenster ist ohne Einrahmung und ohne Fase, nur ein eckiges Loch – so wirkt es nicht dezent sondern billig
–         misslich ist auch die schiefe Krone weil die (gedachten) Radien von Kaliber und Gehäuse keinen gemeinsamen Mittelpunkt haben
Alles Gute und gern weiter so…..
Daniel