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Ihr seid auf der Suche nach einer dressigen, filigranen Uhr? Prima, da findet ihr hier im Blog sicherlich das eine oder andere Modell – in diesem Artikel aber ganz sicher nicht: Der Vostok Europe Systema Periodicum Chronograph ist (wie man es von dem litauischen Hersteller seit je her kennt) haptisch massiv, wuchtig und รผberaus prรคsent am Handgelenk. Schauen wir mal genauer hin…

Eckdaten zur Vostok Europe Systema Periodicum:

  • Made in Lithuania (UAB Koliz Vostok)
  • Seiko Instruments Inc. (SII) VK67 Mecaquarz-Werk, Funktionen:
    • Datumsanzeige mit Schnellverstellung รผber die Krone
    • Zentraler Chronographen-Zรคhler
    • Zentrale Minuten- und Stundenzeiger
    • 60-Minuten-Zรคhler (auf 9h)
    • 12-Stunden-Zรคhler (auf 6h)
    • Kleine Sekunde (auf 3h)
    • Quick-Reset
  • Gehรคuse aus 316L Edelstahl, manche Varianten PVD-beschichtet
  • Durchmesser: 45,5 mm (Horn zu Horn: 48 mm)
  • Hรถhe: ca. 15.5 mm
  • Gewicht: ca. 170 g (am Silikonband)
  • Wasserdichtigkeit 20 bar / 20 atm / 200 Meter
  • Gehรคrtetes K1 Mineralglas
  • Krone und Boden verschraubt
  • Super-LumiNova (Zeiger, Indizes)
  • Lรผnette aus Keramik, einseitig drehbar
  • Bรคnder aus Leder und Silikon (beide im Set), werkzeugfreies Schnellwechselsystem
  • Listenpreis: ab 599โ‚ฌ, direkt beim deutschen Generalimporteur P. Maier GmbH
Vostok Europe Systema Periodicum Uhren Test 24

Vostok Europe Systema Periodicum: Bullhead-Chronograph im Test

Vorab noch ein, zwei Worte zu Vostok Europe: Vostok Europe ist die Marke der UAB Koliz Vostok, ein eigenstรคndiger und unabhรคngiger Uhrenhersteller aus Vilnius, Litauen. Dort werden alle Uhren zu 100% designt, montiert und รผberprรผft. Es besteht keine Verbindung zu Vostok-Uhren aus Russland. Unter dem Motto watches for going to extremesย positioniert sich Vostok Europe vor allem im Bereich robuster Uhren – dazu passen auch Markenbotschafter wie der polnische Mixed Martial Arts-Schwergewichtler Marcin Tybura.

Viele (aber nicht alle) Namen der Vostok Europe-Modelle gehen auf osteuropรคische technische Erfindungen bzw. Errungenschaften zurรผck. Das ist auch bei der neuen Kollektion nicht anders, die ihre Inspiration aus dem Periodensystem der chemischen Elemente bezieht – auch bekannt alsย Systema Periodicumย im Lateinischen.ย Das Periodensystem wurde in den 1860er-Jahren von den Chemikern Dmitrij Mendelejew aus Russland und Julius Meyer aus Deutschland unabhรคngig voneinander entwickelt.

Der eine oder andere Uhrenfreund ist vielleicht kurz zusammengezuckt, denn das Periodensystem war und ist fester Bestandteil vieler Klassenzimmer. Und wer sich an das Klassenzimmer und den Chemie- bzw. Physikunterricht zurรผckerinnert, der gerรคt wohl eher selten in Ekstase – beim genauen Hinsehen ist es aber faszinierend, wie kleinste Umbauten im Atom zu neuen Eigenschaften fรผhren (und die kรถnnen manchmal auch ganz schรถn gefรคhrlich sein): Am Anfang stehen noch (ganz harmlos) ein Proton und ein Elektron, die gemeinsam Wasserstoff bilden. Ein Proton mehr, und man erhรคlt Helium, mit dem man die Ballons fรผr den anstehenden Kindergeburtstag fรผllt. Man packe noch ein Proton dazu und man ist bei leicht entzรผndlichem und รคtzendem Lithium. Geht man die Reihen weiter, so wird es immer gefรคhrlicher – in der fรผnften Reihe beispielsweise kommt die Radioaktivitรคt hinzu – gut vorstellbar, dass Vostok Europe so zu der Idee kam, ein (natรผrlich nicht radioaktiv) nachleuchtendes Silikonband einzufรผhren.

Kommen wir aber zur eigentlichen Uhr: Das Zifferblatt der Vostok Europe Systema Periodicum kommt mit einem klassisch-tooligen Tricompax-Design, also mit einem 60-Minuten-Zรคhlerย auf “9 Uhr”, einem 12-Stunden-Zรคhler auf “6 Uhr” und einer kleinen Sekunde auf “3 Uhr”. Das Blatt wirkt dabei sehr lebendig, plastisch und hochwertig, insbesondere durch die applizierten Stundenindizes, die teilweise in das Rehaut eingelassen sind, das metallische Vostok Europe-Bildlogo und den stark erhรถhten Totalisator auf “6 Uhr”.

Das Zifferblatt wird (wie bei allen Vostok Europe-Modellen) von gehรคrtetem K1 Mineralglas geschรผtzt. Das klingt auf den ersten Blick nicht ganz so sexy, denn Saphirglas wird gemeinhin als das Nonplusultra betrachtet. Auf meine Nachfrage hin will Vostok Europe aber auch auf jeden Fall bei K1 Mineralglas bleiben – aus nachvollziehbaren Grรผnden: K1 Mineralglas hat (im Gegensatz zu Saphirglas) eineย amorpheย Struktur, die sich โ€žflieรŸendโ€œ wรคhrend des Schmelzvorgangs verรคndert und damit wesentlich unregelmรครŸiger aufgebaut ist โ€“ dadurch ergibt sich eine Konstruktion, die deutlich stoรŸfester ist. Oder umgekehrt: Saphirglas ist deutlich anfรคlliger fรผr Bruch als gehรคrtetes K1 Mineralglas. Diese Theorie, die man auch in vielen Foren nachlesen kann, konnte ich vor einiger Zeit auch in einem kleinen Experiment bestรคtigen: Saphirglas vs. K1 Mineralglas/Hardlex vs. Hesalitglas im Bruch- und Kratz-Test.

Praktisch ist dadurch die Wahrscheinlichkeit bei K1 Mineralglas grundsรคtzlich hรถher, dass Schlรคge nur einzelne Stรผcke von der Oberflรคche des Kristalls abschlagen, die Struktur des Kristalls aber ansonsten intakt bleibt – so wird im Fall der Fรคlle nicht das komplette Innere der Uhr mit Mikro-Scherben “geflutet”, die beispielsweise das Werk zerstรถren kรถnnten. Davon mal abgesehen dรผrfte man hinsichtlich Kratzfestigkeit im Alltag wenig Unterschiede bei Saphirglas und gehรคrtetem K1 Mineralglas bemerken โ€“ trotz eines Unterschieds von 9 Hรคrte nach Mohs (Saphir) vs. 7 Hรคrte nach Mohs (K1 Mineral) zeigen sich beide Glastypen faktisch (fast) resistent gegenรผber Kratzer. 

Chemie- oder Physik-affine Uhrenfreunde erkennen auf dem Zifferblatt sicherlich die quadratisch umrandeten Buchstaben zwischen “7 Uhr” und “8 Uhr” – jedes der sechs Modelle der Systema Periodicum-Kollektion orientiert sich in seiner Farbgestaltung nรคmlich an bestimmten Elementen im Periodensystem, und zwar:

  • Phosphor (P): Phosphorverbindungen gibt es in verschiedenen Farben, wobei die hรคufigsten WeiรŸ und Rot sind.
  • Boron (Bor; B): In der Natur kommt Bor in der Regel in Verbindung mit anderen Elementen vor. Borcarbid beispielsweise ist ein Feststoff, der schwarze Kristalle bilden kann.
  • Sulfur (Schwefel; S): Elementarer Schwefel ist bei Standardbedingungen ein gelber Feststoff, der ungiftig und geruchslos ist.
  • Neon (Ne): Neon ist fรผr seine charakteristische rote Farbe in Gasentladungsrรถhren bekannt, die auf die Emission von Licht zurรผckzufรผhren ist, wenn Neonatome durch elektrischen Strom angeregt werden.
  • Sauerstoff (Oxygen; O): Sauerstoffverbindungen wie Kohlenstoffdioxid sind farblos.
  • Wasserstoff (Hydrogen; H): In seiner reinen molekularen Form (Hโ‚‚) ist Wasserstoff farblos. Allerdings kann Wasserstoff wรคhrend der Verbrennung eine blaue Farbe aufweisen.

Auch sonst kommt das Design der Vostok Europe Systema Periodicum mit einigenย Besonderheiten: Zum einen wรคre da die Anordnung der Krone und der Chronographen-Drรผcker an derย Oberseite des Gehรคuses. Diese erinnert an dieย Hรถrner eines Stierkopfes – und daher kommt auch der unter Uhrenfreunden gelรคufige Spitzname Bullhead-Design.

Das Bullhead-Design sorgt nicht nur dafรผr, dass die Systema Periodicum eine optische Besonderheit hat. Auch funktional ist diese Anordnung deutlich praktischer in der Handhabung, wenn man die Chronographen-Funktionen nutzt, also das Auslรถsen, Stoppen und Zurรผcksetzen der Zeitmessung (man kommt einfach viel besser und intuitiver an die Drรผcker heran – wie bei einer klassischen Stoppuhr).

Das Bullhead-Design zahlt auch auf den Tragekomfort ein: Die Systema Periodicum ist mit einem Durchmesser von 45,5 mm ziemlich (Achtung: Wortwitz) bullig bzw. wuchtig, Krone und Drรผcker kรถnnen sich aber nicht in den Handrรผcken bohren. Die GrรถรŸe wird auรŸerdem durch ein humanes Horn-zu-Horn-MaรŸ von 48mm entschรคrft.

Vostok Europe Systema Periodicum Uhren Test 19

Auch der Rรผckdeckel bietet eine Raffinesse: dieser ist nicht wie รผblich flach, sondern durch einen keilfรถrmigen, aufgeschraubten Aufsatz abgeschrรคgt. So hat das Gehรคuse an der tiefsten Stelle 15mm Hรถhe und ca. 18mm an der hรถchsten Stelle.

Durch diese keilfรถrmige Machart wird insbesondere die Ablesbarkeit verbessert, da sich die Uhr vom Winkel her stets “ergonomisch” Richtung Auge orientiert. Das Prinzip รคhnelt den sogenannten Autofahreruhren wie der Bulova Computron, die vor einigen Jahrzehnten schon in Varianten als โ€œSideview Watchโ€ bzw. โ€œDriverโ€™s LED Watchโ€ kamen, damit der Nutzer die Uhrzeit aus dem Augenwinkel ablesen konnte ohne den Blick von der StraรŸe abwenden zu mรผssen.

Alles in allem ist das Gehรคuseย hervorragend und รผberaus massiv verarbeitet (worauf auch das beachtliche Gewicht von 170 Gramm am Silikonband hindeutet). Das Gehรคuse unterstreicht durch dieย vier Sechskant-Schraubenย in den jeweiligen Ecken auch die toolige โ€œInstrumententafelโ€-Optik des Chronographen.ย 

Man beachte: Die Oberflรคchenbearbeitung des Gehรคuses unterscheidet sich teilweise: Manche Varianten sind komplett satiniert (so wie die Neon), andere haben auch polierte Flรคchen (so wie die Hydrogen). Manche Modelle kommen auรŸerdem mit PVD-Beschichtung, um die jeweilige Farbthematik abzurunden.

Schรถnes Detail: Auf den jeweiligen abgeschrรคgten Gehรคusebรถden gibt es neben Standard-Infos zu Modell, Werk, Limitierungsnummer und dergleichen auch die jeweiligen Schnappschรผsse aus dem Periodensystem sowie eine dazugehรถrige Kurzbeschreibung.

Dieย Lรผnette der Systema Periodicumย ist ausย Zirkonoxid-Keramik in den Farben Blau, Schwarz oder (und das sieht man tatsรคchlich ziemlich selten) WeiรŸ. Zirkonoxid-Keramik ist derย meist verwendete Hartstoff in der Uhrenindustrie, der von den Herstellern seit den 1980ern verwendet wird. Die Herstellung dieses Hartstoffes erfolgt โ€“ wer hรคttโ€™s gedacht โ€“ aus dem Keramikwerkstoff Zirkonoxid (ZrO2). Und da wir schon im Thema sind: Zr steht fรผr das chemische Element Zirkonium und O fรผr das Element Sauerstoff.

Der Hauptvorteil von Keramik: Anders als beschichtete Alu-Lรผnetten sind Keramiklรผnetten kratzfest, robust, hitzeresistent und korrosionsbestรคndig โ€“ da eine Lรผnette wegen ihrer exponierten Lage der Kratzfรคnger Nr. 1 ist, ist der Einsatz von Keramik also รคuรŸerst sinnvoll.

Vostok Europe Systema Periodicum Uhren Test 47

SII Meca-Quarz an Bord

Meca-Quarz-Werke galten vor vielen Jahren mal als total โ€œhippโ€, weshalb viele groรŸe Hersteller wie Breitling, IWC, Omega oder Hublot Meca-Quarz-Werke verbaut haben. Heute sind Meca-Quarz-Werke eher Nischenwerke, die aber vor allem als gรผnstigere Alternative zu mechanischen Werken mit Chrongraphen-Komplikation zum Einsatz kommen – Automatikkaliber wie das Sellita SW500 nรคmlich kosten eine ganze Stange im Einkauf und verteuern die entsprechenden Uhrenmodelle (das Chronographenkaliber Sellita SW500 beispielsweise liegt bei รผber 400โ‚ฌ).

Aber was ist der Gedanke hinter Mecaquarz-Werken? Nun, die Kaliber wie eben das von Vostok Europe verbauteย Seiko Instruments Inc. (SII) VK67, wollen letztendlich das Beste aus der Welt der mechanischen Werke und der Quarzwerke verbinden: Es handelt sich dabei quasi umย Hybrid-Werke, die die Standardfunktion einer Uhr per Quarz antreiben (also im Prinzip das Drehen des Minuten- und Stundenzeigers), wรคhrend die Chronographenfunktionen mit einemย mechanischen Modulย angetrieben werden.

Der Vorteil: Ein Meca-Quarz-Werk vereint dieย Ganggenauigkeitย eines Quarzwerkes (laut SII weniger als +/- 20 Sekunden proย Monat) mit einemย schleichendenย zentralen Sekundenzรคhler. Gut ist auch, dass der Chrono-Reset bei einem Mecaquarz-Werk eineย sofortige Nullstellungย des Sekundenzรคhlers bewirkt (Instant Zero Reset) und nicht wie bei einem reinen Quarz-Werk die kompletten bisherigen Umdrehungen wieder zurรผcklaufen muss.

Letztendlich ist eine Uhr mit einem Mecaquarz-Werk im Alltag kaum von einem mechanischen Chronographen zu unterscheiden โ€“ einzig das unauffรคllige, abgehackte Ticken desย kleinen Sekundenzeigers auf 3 Uhrย weist auf die Quarz-Technologie hin.

AbschlieรŸende Gedanken

Ich bin bekennender Fan von mechanischen Uhren – dennoch hat mich schon lange nicht mehr ein Quarzmodell so sehr positiv รผberrascht wie die Vostok Europe Systema Periodicum. Man merkt einfach, dass sich die Designer ordentlich austoben durften und irre viel SpaรŸ hatten – dafรผr sprechen etliche liebevolle Details, die es zu entdecken gibt. Neben der hohen Detailqualitรคt des Zifferblatt ist insbesondere auch die Haptik bemerkenswert: das Modell ist ein รผberdurchschnittlich massiver, top verarbeiteter “Edelstahlbrocken” mit hoher Prรคsenz am Handgelenk, der dank des humanen Horn-zu-Horn-MaรŸes und des Bullhead-Designs dennoch ordentlich im Alltag tragbar ist.

Vostok Europe Systema Periodicum Uhren Test 46

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5 Kommentare
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randori01
8 Monate zurรผck

Hatte bis dato noch nichts von der Marke gesehen/gehรถrt.
Die vorgestellte Uhr ist aber durchaus ansprechend, der schรถne
Artikel macht durchaus Apetit.
Mich wรผrde jedoch interessieren, was im Reparaturfall geschieht๐Ÿค”.

P. Maier GmbH
8 Monate zurรผck
Antworten...  randori01

Das รผbernimmt der Deutsche Generalvertreter.
P.Maier GmbH

Andreas Schumann
9 Monate zurรผck

Servus Mario,

wo gibts eigentlich die strahlenden Armbรคnder fรผr die Vostok, habe leider nix gefunden.

GruรŸ Andreas