Im Mai 1970 schaffte es Hamilton ein echtes Ausrufezeichen in der Uhrenwelt zu setzen: Dank Fortschritten bei der Halbleiter-Technologie gelang es dem (damals noch US-amerikanischen) Uhrenhersteller ein Modell zu entwickeln, welches eine komplette Elektronik in Form eines Mikrochips an Bord hatte – auf einer Pressekonferenz in New York präsentierte Hamilton die allererste elektronische Armbanduhr mit Digitalanzeige überhaupt: Die Hamilton Pulsar.
Allerdings: Otto-Normal-Bürger, der nicht grade mit Geldscheinchen um sich werfen konnte, musste sich noch drei Jahre gedulden bevor er eine erschwingliche Pulsar käuflich erwerben konnte (hierzu gleich mehr). Die Hamilton Pulsar löste dennoch damals große Begeisterung bei den Menschen aus – eine so futuristische Technik, verpackt in einer “kleinen” Uhr? Science Fiction für’s Handgelenk!
Dabei konnte die Pulsar damals tatsächlich nur die Uhrzeit anzeigen (Stunden, Minuten und Sekunden). Datum, Stoppuhr, Alarm? Fehlanzeige! In einer Werbeanzeige im Playboy heißt es damals nüchtern: “When you touch the button, Pulsar tells you the time” – krass! 😉
Trotzdem ist der damalige Hype nachvollziehbar, denn die Menschen waren seit vielen vielen Jahren Uhren gewohnt, die ganz klassisch mit Komponenten wie einem mechanischen Uhrwerk, Zeigern, Zifferblatt etc. funktionierten. Diese TV-Ausschnitte aus dem Jahre 1972 veranschaulichen den Hype um die Hamilton Pulsar – sogar in der Tonight Show wurde die Pulsar von Johnny Carson präsentiert:
Die Anfänge: Hamilton Pulsar P1 / James Bond und die P2
Das Einführungsmodell der Hamilton Pulsar, die Pulsar P1, wurde 1972 lanciert und kam – passend zur fortschrittlichen Digital-Technologie – mit einem futuristischen Kissengehäuse und einem Armband aus 18-Karat-Gelbgold. Bling-Bling pur! Entsprechend war der Preis auf dem Niveau eines Neuwagens (2.100$) ziemlich gesalzen. Die 400 Stück der limitierten P1 waren daher eher was für Gutbetuchte und Sternchen wie Elvis Presley, der sich damals die Hamilton Pulsar P1 gönnte.
Das Nachfolgemodell, die Pulsar P2, kam nur ein Jahr später auf den Markt und richtete sich dank Edelstahlgehäuse und einem humanen Preis ($275) an die breitere Masse. Das Grund-Design und die Technik blieben erhalten – nur das Gehäuse wurde etwas abgerundet, um das Modell noch etwas futuristischer wirken zu lassen. Die Nachfrage nach der P2 war riesig, Hamilton kaum kaum mit der Produktion hinterher.
Kein Zufall: Roger Moore in seiner Rolle als James Bond zückt in Leben und sterben lassen in einer Szene mit einem Bond Girl im Arm seine Hamilton Pulsar P2 2900 – eine für damalige Verhältnisse irre fortschrittliche, futuristische Uhr passt natürlich gut als Bond Gadget, oder? 😉
So schnell der Erfolg kam, so stark flachte er aber auch wieder ab – im Jahre 1977 hatte es sich auch schon ausgepulsart bei Hamilton: Die Hamilton Pulsar war aufgrund der LED-Technologie ziemlich energiehungrig, die Batterien damals noch nicht besonders effizient. So konnte die Pulsar damals nach manuellem Auslösen durch einen Knopf an der Seite nur einen sehr kurzen Moment die Zeit anzeigen. Bei Halten des Knopfs wurden die verstreichenden Sekunden sichtbar. Eine Konkurrenztechnologie, die Ende der 70er aufkommenden LCD-Displays, waren viel energiefreundlicher und damit praxistauglicher.
1978 war es das dann komplett mit Pulsar: Seiko, mit-führend bei der raketenartig aufkommenden Quarz-Technologie, die klassische Hersteller mechanischer Uhren ins Tal der Tränen stürzte (Quarzkrise), sicherte sich die Rechte an Pulsar. Auch heute noch sind Pulsar-Uhren Teil des Portfolios des japanischen Uhrenherstellers…
Die Neuauflage der Hamilton Pulsar – die Hamilton PSR
Da Hamilton die Rechte an Pulsar wie gesagt schon lange nicht mehr besitzt, heißt die Neuauflage aus dem Jahre 2020 Hamilton PSR. Zwei Versionen der PSR stehen zur Verfügung: eine aus Edelstahl und eine aus PVD-beschichtetem Edelstahl in Gelbgold. Letztere ist auf 1.970 Exemplare limitiert.
Beide Varianten sind mit einem Gehäuse in dem selben breiten Kissenstil der original Hamilton Pulsar P2 mit den identischen Maßen von 40,8 mm x 34,7 mm versehen. Die Uhren sind bis zu 10 bar (100 m) wasserdicht und dürfen somit bedenkenlos beim Schwimmen am Arm bleiben.
Die Hamilton PSR hat einen großen Vorteil gegenüber der Retro-Digitaluhr Bulova Computron, die nur kurz die Zeit anzeigt, wenn sie aktiviert wird: Die Hamilton PSR ist mit einem Hybrid-Display ausgestattet, welches die Technologien der reflektierenden Flüssigkristallanzeige (LCD) und der emittierenden organischen Leuchtdioden (OLED) kombiniert.
Konkret heißt das: Beim Betätigen des seitlichen Drückers werden (wie damals in den 70ern) retro-mäßig die hellroten OLED-Ziffern als digitale Punkte angezeigt (Leuchtdioden). Das LCD-Display stellt außerdem sicher, dass die Zeit auch bei Tageslicht ablesbar ist. Mit anderen Worten: Die Uhrzeit ist jederzeit (!) im Hellen ablesbar, ohne dass man extra den Aktivierungsknopf drücken muss (cooler sieht’s aber natürlich aus, wenn man den Knopf drückt ;-)).
Spannend: Hamilton gewährt in der Pressemitteilung noch ein paar Einblicke in die Produktion der Pulsar-Neuauflage:
Und der Preis? 695€ für die Edelstahl-Variante sind für einen digitalen “Quarzer” ein ganz schönes Pfund. 250€ Aufpreis für die Variante mit Gelbgold-PVD-Beschichtung finde ich außerdem ziemlich übertrieben – Limitierung hin oder her. Der Preis relativiert sich aber ein wenig mit Blick auf das durchdachte Hybrid-Display sowie die Gebrauchtuhrenpreise bei ebay, wo halbwegs gut erhaltene Exemplare ab ca. 500€ gehandelt werden (das Ührchen scheint seine Vintage-Fans zu haben). In der Summe wird die Neuauflage der Hamilton Pulsar sicherlich ihre Käufer finden. Mir persönlich ist sie zu diesem Kurs aber ehrlich gesagt zu teuer – mit einem ordentlichen Rabatt, z.B. in einem der Outlets der Swatch-Gruppe (Hour Passion), käme ich als großer Fan von Retro-Uhren aber vielleicht ins Grübeln… 😉
Mehr über die Geschichte von Hamilton und anderer US-amerikanischer Uhrenhersteller findet ihr hier.
Eckdaten der Hamilton PSR (H52414130, H52424130):
Edelstahl-Variante | Gold-Variante (limitiert) | |
Referenz | H52414130 | H52424130 |
Gehäuse | 40,8 x 34,7 mm Edelstahl | 40,8 x 34,7 mm Edelstahl mit PVD-Beschichtung in Gelbgold |
Zifferblatt | LCD- & OLED-Hybrid-Display | CD- & OLED-Hybrid-Display |
Uhrwerk | Quarz | Quarz |
Armband | Edelstahlarmband | Edelstahlarmband mit PVD-Beschichtung in Gelbgold |
Glas | Entspiegeltes Saphirglas | Entspiegeltes Saphirglas |
Wasserdichtigkeit | Bis zu einem Druck von 10 bar (100 m) | Bis zu einem Druck von 10 bar (100 m) |
Limitierung | Nein | 1970 Exemplare |
UVP | 695€ | 945€ |
PS: Eine Retro-Digital-Alternative kommt vom US-Unternehmen Bulova (heute Citizen-Gruppe). Mehr über die Bulova Computron gibt’s hier.
Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, freue ich mich über ein Like bei Facebook, Instagram, YouTube oder
Auch über WhatsApp kannst du immer auf dem neuesten Stand bleiben – jetzt abonnieren:
Darüber hinaus freue ich mich über Kommentare immer sehr (Kommentare werden in der Regel innerhalb kurzer Zeit geprüft und freigeschaltet). Vielen Dank!
Eigentlich eine sehr schöne Uhr. Wenn man das Originale kennt , haben möchte dann ist das eine Alternative. Das Originale ist auch sehr teuer. In Top Zustand selten, unverbastelt erst recht und technisch dann doch auch schon sehr anfällig. Da ist die PSR besser. Frage ist nur nach der Haltbarkeit der Anzeige und dann nach der Ersatzteil Verfügbarkeit. Knüller wäre noch gewesen ein rotes Saphirglas um das Rot zu verstärken.Toller Bericht.