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Die Welt der Microbrands ist vielfältig und es gibt wohl kaum ein Land, in der nicht mindestens eine Microbrand gegründet wurde. Dennoch gibt es mit Magrette, Draken und Beaufort eine durchaus bemerkenswerte Konzentration von Microbrands in Neuseeland. Und es gesellt sich mit Zealandic und deren Einstandsmodell Iceborne nun sogar noch eine Vierte dazu. Ob das wohl an der atemberaubenden und vielfältigen Landschaft oder der guten Luft liegt, welche die Marken-Initiatoren zu Kreativität verleitet? Nun, egal was es ist – so viel vorweg: Zealandic ist eine absolut willkommene Ergänzung in der Welt der Microbrands. Schauen wir mal genauer hin.

Eckdaten Zealandic Iceborne:

  • Gehäuse aus 316L-Edelstahl
  • Durchmesser 39mm
  • Horn-zu-Horn 47mm
  • Höhe 12mm
  • Gewicht: 74 Gramm (am Lederband)
  • Verschraubte Krone
  • Wasserdichtigkeit 200 Meter / 20 bar
  • Schweizer Super-LumiNova C3, Grade X1
  • Doppelt gewölbtes Saphirglas mit Antireflexbeschichtung
  • Japanisches Automatikkaliber Miyota 9039, Gangreserve 42 Stunden, 28800 bph
  • Preis: 441 US-Dollar für Super Early Birds = 485€ inklusive Einfuhrumsatzsteuer/Zoll
  • ab 15. August über Kickstarter
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Zealandic Iceborne im Hands-On

Wenig überraschend mit Blick auf den Markennamen kommt Zealandic aus Neuseeland bzw. Aotearoa (die heute am weitesten verbreitete und meistakzeptierte Māori-Bezeichnung für Neuseeland). Zealandic ist dabei eine Microbrand, wie man sie wohl ganz klassisch definieren würde: Die Marke wurde von einem Branchenfremden gegründet, dem ausgebildeten Maschinenbauingenieur Derek.

Die Ideenfindungsphase begann im Jahr 2021 – Dereks Vision: Die neuseeländischen Natur – von den Eishöhlen des Tasman-Gletschers bis zu den schneebedeckten Bergen der Neuseeländischen Südalpen – einfangen und ein Stück weit die Geschichte von Neuseeland erzählen. Das geht schon beim Zealandic-Bildlogo los: Das zeigt auf stark stilisierte Art und Weise Berge und Wellen in Verbindung mit einem ganz besonderen Symbol im Inneren, der Koru.

Der Koru ist ein tief verwurzeltes Symbol in der neuseeländischen Kultur, das sowohl für die Māori als auch für die gesamte Nation eine wichtige Rolle spielt: Er basiert auf der Form eines jungen Silberfarnwedels, der sich aufrollt und noch nicht ganz entfaltet ist (in etwa wie eine Schnecke). Der Koru steht unter anderem für neue Anfänge und Wachstum. Die spiralförmige Form repräsentiert auch die Vorstellung von Harmonie und Frieden.

Der Koru wird häufig in der Māori-Kunst verwendet, insbesondere in Schnitzereien und Tattoos (Tā moko). Neben seiner traditionellen Bedeutung hat der Koru auch im modernen Kontext an Bedeutung gewonnen: Er wird oft als Symbol für Fortschritt, persönliche Entwicklung und das Streben nach einer besseren Zukunft interpretiert.

In jedem Fall lässt sich aus meiner Erfahrung mit Microbrands festhalten, dass es nicht unbedingt von Nachteil sein muss, wenn die Verantwortlichen branchenfremd sind – ganz im Gegenteil: Branchenfremde bringen oftmals viele frische Ideen mit und brechen dadurch Konventionen auf. Es gibt genug positive Beispiele dafür, darunter HEINRICH aus meiner Wahlheimat Baden-Württemberg.

Die Iceborne ist Zealandics Einstandsmodell. Wenig überraschend mit Blick auf den Modellnamen hat sich Derek vom ewigen Eis inspirieren lassen, konkret dem Tasman-Gletscher auf dem Mount Cook (Aoraki) mit seinen vielen Eishöhlen. Der wichtigste Faktor für die charakteristische Struktur des Eises in dortigen Eishöhlen ist die konstant niedrige Temperatur: Diese sorgt dafür, dass das Eis dauerhaft gefroren bleibt und sich über lange Zeiträume stabile und komplexe Strukturen entwickeln können. Zealandic greift diese Strukturen, die auch ein wenig an zerknittertes Papier erinnern, in Form einer wunderschönen, tief geprägten Zifferblatttextur auf, die die Optik des Modells wesentlich prägt.

Am Ende des Tages ist sich Derek dabei sicherlich der ungebrochen großen Beliebtheit strukturierter Zifferblätter bewusst – insbesondere die Japaner wie Grand Seiko (z.B. Snowflake) oder Citizen (z.B. NJ0180-80M Super Titanium “Tiffany”) & Co. machen vor, wie es geht. Vor den Japanern braucht sich Zealandic aber keineswegs zu verstecken: Der Effekt bei der Iceborne ist in jedem Fall mehr als gelungen und ich bin positiv überrascht welch hohe Detailqualität in dieser Preisklasse (unter 500€) möglich ist – man schaue insbesondere auch auf die (selbst auf Nahaufnahmen) perfekt verarbeiteten, applizierten und hochglanzpolierten Ziffern, die für zusätzliche Tiefe sorgen.

Alle Ziffern und Stunden-Indizes sind mit Super-LumiNova in der Farbe C3 in der höchsten Qualitätsstufe X1 gefüllt – der Schweizer Super-LumiNova-Produzent RC Tritec benennt die wesentlichen Vorteile von X1, und zwar insbesondere eine um 60% erhöhte Nachleuchtperformance nach zwei Stunden im Dunkeln.

Die Farbe der hier vorgestellten hellblauen Variante wiederum ist laut Derek inspiriert vom Lake Pukaki bei Mt. Cook: Der Zufluss an Gletscherwasser gibt den Seen eine typische strahlend blaue Farbe, die durch feine Partikel aus dem Abrieb des Gletscheruntergrundes entsteht. Auch hier ist sich Derek sicherlich der Beliebtheit hellblauer Farbvarianten bewusst gewesen: Losgetreten durch den Hype rund um die Patek Philippe Nautilus Tiffany Blue haben viele weitere Uhrenmarken in den letzten Jahren die hellblauen Farbtöne für sich entdeckt – darunter bekannte Namen wie Nomos oder Titoni und kleinere Microbrands wie Nordic Marine Instruments – oder nun eben auch Zealandic. Zusätzlich fährt Zealandic auch die Farben Burgund und Grün auf. Ein klassisches Schwarz oder Dunkelblau beispielsweise fehlt – keine schlechte Entscheidung, denn diese Farben würden den Struktureffekt des Blattes wohl zu sehr “schlucken”.

Das Gehäuse aus 316L-Edelstahl ist mit einem Durchmesser von 39mm (Horn-zu-Horn 47mm) eher dressig und kleiner dimensioniert – Herren mit etwas schmaleren Handgelenken dürfen sich also auf hohen Tragekomfort freuen. Mit 12mm ist das Gehäuse, auch unter Berücksichtigung der mit 20 bar mehr als alltagstauglichen Wasserdichtigkeit (zum Tauchen geeignet), vergleichsweise flach, was auch auf das Kaliber zurückzuführen ist (dazu gleich mehr). Ein nettes Gutsel ist die Gehäusebodengravur mit den Umrissen Neuseelands mit den darum befindlichen Strömungen.

Auf den Tragekomfort zahlt auch das schön flexible Suede-Leder ein, auch bekannt als Veloursleder. Es handelt sich um eine Art von Leder, das aus der Unterseite des Tierfells hergestellt wird, was ihm seine charakteristische weiche und samtige Textur verleiht. Es unterscheidet sich von herkömmlichem Leder, das aus der Oberseite des Fells gefertigt wird und eine glatte, glänzende Oberfläche hat. Aufgrund seiner weichen Haptik wird Suede-Leder auch häufig für Bekleidungsstücke wie Jacken, Schuhe und Handschuhe verwendet.

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Miyota 9039 an Bord

Möglich macht die geringe Bauhöhe das 2018 von der Citizen-Gruppe eingeführte automatische Kaliber Miyota 9039, das mit 42 Stunden Gangreserve und einer Frequenz von 28.800 bph tickt. Anders als der Dauerbrenner Miyota 9015 hat das 9039 kein Datum an Bord, was mit Blick auf das aufgeräumte Zifferblatt der Iceborne eine gute Entscheidung ist.

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Uhrwerken besteht darin, dass das 9039 in einem etwas dünneren Gehäuse verwendet werden kann als das 9015: Die Mindestgehäusedicke beim 9039 beträgt 8,25 mm, beim 9015 sind’s 8,6 mm. Viele Uhrenfreunde denken daher, dass das 9039 per se ein schlankeres Kaliber ist. Tatsächlich sind beide jedoch mit 3,9 mm identisch in der Höhe. Der Grund dafür, dass das 9039 in ein dünneres Gehäuse passt, liegt ganz einfach darin, dass die Zeiger flacher anliegen als beim 9015 (1,75 mm vs. 2,1 mm).

So oder so ist Miyotas 9000er-Reihe auf jeden Fall deutlich flacher konstruiert als das Schweizer Pendant von Sellita, vor dem sich Miyota hinsichtlich Robustheit und Zuverlässigkeit nicht verstecken muss (das SW200-1 kommt auf 4,6 mm Höhe). In der Summe ist das Miyota 9039 in einer Uhr der Preisklasse der Zealandic Iceborne die perfekte Wahl.

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Abschließende Gedanken

Zealandic krempelt mit dem Einstandsmodell Iceborn sicherlich nicht die ganze Uhrenindustrie um. Dennoch merkt man die Liebe zum Detail und in der Summe fügen sich alle Bestandteile des Modells wunderbar zusammen. Insbesondere das Blatt mit seiner Struktur und den für diese Preisklasse immens gut verarbeiteten applizierten Indizes/Ziffern ist eine Wucht. In Verbindung mit dem 9000er Miyota-Kaliber ist der Preis ab 719 New Zealand Dollar bzw. 441 US-Dollar (Super Early Birds), umgerechnet in Euro und inklusive Einfuhrumsatzsteuer/Zoll rund 485€, mehr als gerechtfertigt. Der Vorverkauf über Kickstarter startet am 15. August 2024.

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4 Kommentare
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THOR
17 Tage zurück

Sympathische Uhr von einem sympathischem Mann! 🙂
Sehr schönes und einzigartiges Zifferblatt!
Chapeau´!
Ich wünsche dem Unternehmen alles Gute!
LG
THOR

Rainer
1 Monat zurück

Vom Grundsatz eine schicke Uhr mit schönen Zifferblättern.
Aber ich finde die Zeigerlängen nicht optimal: mir ist der Stundenzeiger eine Idee zu kurz und der Minutenzeiger etwas zu lang. In beiden Fällen nicht viel, aber es stört mein Empfinden.

Lord Cord
1 Monat zurück

Gepriesen sei Herr, welcher auch immer! Kein NH-Mist sondern ein 9er Miyota.
Auch sonst gefällig und mit netten Hintergedanken designed! Dazu ein gefälliger Preis.
Wer dachte, Magrette war nur eine Schnapsidee, die beim Schafehüten entstanden ist, sieht sich getäuscht. Bravo NZL! Ich bin gespannt, was da noch kommt.

Konrad
1 Monat zurück
Antworten...  Lord Cord

Lieber “Lord”,
Deine Einstufung von NH 35, NH 34, … als “NH-Mist” kann ich ganz und gar nicht teilen. Die Werke dieser Linie von TMI sind robust, langlebig und, da preiswert (schon ab 60€/Werk als Endkundenpreis), in vielen günstigen Uhren anzutreffen. Lediglich die ab Fabrik spezifizierte Ganggenuigkeit ist ziemlich weit gefasst. Dies ist aber ohne riesigen Mehraufwand durch Feinstellung wenn nötig zu korrigieren. Der Uhrenhersteller muss das nur wollen und hier liegt meist der sprichwörtliche “Hase im Pfeffer” – dies bedeutet Arbeit und drückt die Marge!
In den 1980/90er Jahren hatten wir aus einem ganz anderen Grund eine ähnliche Situation auch im Bereich der hochpreisigen schweizer Uhren: Die meisten Hersteller verwendeten nicht nur für ihre Volumenmodelle ETA 2824, 2892 oder 7750 – es war bei angestrebten Marge schlicht nichts anderes verfügbar.
Hättest Du, lieber Lord, übrigens bei der ursprünglichen Fifty Fathoms von AP das verbaute Werk als “AS-Mist” bezeichnet?
Freuen wir uns stattdessen lieber darüber, dass die Uhrenmarken heute wieder eine Auswahl unter qualitativ meist ordentlichen Werken haben.