Ende 2022 hat der seit je her familiengefรผhrte Schweizer Uhrenhersteller Titoni die รผberaus beliebte Seascoper-Modellreihe weiter ausbaut – und zwar mit der Seascoper 300, die Titoni eine Preisetage unterhalb der Seascoper 600 positioniert. Nun folgt Mitte 2023 eine sommerlich-frische orange DLC-Variante, die im direkten Vergleich die eher nรผchterneren Farbvarianten schwarz, grรผn und blau ergรคnzt. Historisch steckt aber weit mehr als nur die Optik hinter orangen Zifferblรคttern…
Eckdaten Titoni Seascoper DLC Orange (Ref. 83300 B-BK-R-715):
- Swiss Made
- Gehรคuse aus Edelstahl, DLC-beschichtet
- Saphirglas, flach, beidseitig entspiegelt
- Wasserdicht bis 300 Meter / 30 bar
- Sellita SW200-1 Automatikwerk, Chronometer-zertifiziert (COSC)
- Durchmesser 42mm
- Horn-zu-Horn 52mm
- Hรถhe 12,5mm
- Lรผnette mit Keramikeinlage, unidirektional drehbar, poliert
- Verschraubte Krone
- Verschraubter Gehรคuseboden
- Vollintegriertes Kautschukband
- Limitiert auf 100 Stรผck
- Preis: 1700โฌ, direkt bei titoni.ch oder verschiedenen Fachhรคndlern
Titoni Seascoper 300 DLC Orange im Test
Das klassisch-schnรถrkellose Diver-Design der Seascoper 300 hat Titoni im Grunde unangetastet gelassen. Was Uhrenfreunde bei der neuen Variante aber natรผrlich direkt anspringt, ist das intensiv orange Zifferblatt, das vor allem in Verbindung mit den tiefschwarz umrandeten, applizierten Stundenindizes, dem schwarzen Zeigersatz und dem schwarzen Gehรคuse extrem kontrastreich wirkt. Das beidseitig farblos entspiegelte Saphirglas leistet ebenfalls seinen Beitrag dazu, dass die Farbe richtig schรถn „knallt“.
Das Blatt ist dabei emailliert, d.h. mit einer harten, besonders glatten Schutzschicht รผberzogen. Emaille wird bei bei Temperaturen von รผber 480 ยฐC aufgeschmolzen und gilt als besonders korrosionsbestรคndig, temperaturbestรคndig, schlag- und stoรfest, sรคureresistent und lichtecht, d.h. emaillierte Oberflรคchen behalten ihre Farbe, wie am ersten Tag. Auch bei dauerhafter Sonnenbestrahlung und intensiver UV-Strahlung verblassen emaillierte Oberflรคchen nicht oder verรคndern die Farbe.
Die Geschichte hinter orangen Zifferblรคttern bei Taucheruhren ist dabei noch ein paar zusรคtzlichen Zeilen wert: Diese gehen auf eine Entwicklung des Uhrenherstellers Doxa in den 60ern zurรผck, da diese (angeblich) unter Wasser besser ablesbar sein sollen. Der Hintergrund: Taucheruhren waren damals schlieรlich kein schickes Accessoire, um Shirt und Jeans abzurunden, sondern รผberlebenswichtige Grundlage fรผr den Tauchgang. Doxa testete daher damals verschiedene grelle Farben wie Orange oder Gelb imย trรผben Neuenburgersee (Lac de Neuchรขtel), um diejenige Farbe mit derย besten Ablesbarkeitย beim Tauchgang herauszufischen. Und die Entscheidung fiel eben damals auf die Farbe Orange.
In Welcher Tauchtiefe die Tests stattgefunden haben, ist allerdings nicht รผberliefert – das ist aber ein ganz wesentlicher Faktor: Hobby-Ozeanografen wissen nรคmlich, dass viele Fische in tieferen Tiefen eine rรถtliche Fรคrbung aufweisen, sodass sie von Fressfeinden schwerer wahrgenommen werden kรถnnen – das liegt ganz einfach daran, dass das Wasser den Rot-Anteil des Sonnenlichts absorbiert.ย
Da Orange bekanntermaรen eine Mischung aus Gelb und Rot ist, schwindet die Farbe mit einer Wellenlรคnge von rund 600 nm bereits in rund 15 Metern Tiefe, sodass der Taucher die eigentlich knallige Zifferblattfarbe Orange nur noch als ein mattes Grau-Schwarz wahrnimmt. Zur Einordnung der Tiefe von rund 15 Metern: Die meisten Tauchorganisationen wie PADI empfehlen Sporttauchern eine Tauchtiefe vonย 40 Meternย nicht zu รผberschreiten.ย Als Anfรคnger sollte man nicht tiefer als 15 Meter tauchen. Als ich vor einigen Jahren meine ersten „Gehversuche“ beim Tauchen gemacht habe, war ich in 6 Metern Tiefe unterwegs.
So oder so gilt grundsรคtzlich, dass der Kontrast zwischen Zeigern und Zifferblatt am Ende des Tages entscheidend ist hinsichtlich einer optimalen Ablesbarkeit. Und das ist bei der neuen Seascoper 300 dank der am Rand schwarz beschichteten, applizierten Indizes und dem schwarzen Zeigersatz mehr als gegeben – auch im Dunkeln. Schรถn: Konsequenterweise ist auch das applizierte Titoni-Logo, eine stilisierte Blume in Anlehnung an die in Sรผdwest-China beheimatete Meihua, die einen Hinweis auf Titonis starke, historisch gewachsene Marktposition in Asien gibt, schwarz beschichtet .
Was in jedem Fall bleibt ist eine รผberaus frische Optik, die mir bei Taucheruhren grundsรคtzlich sehr gefรคllt โ eine perfekteย Sommerfarbeย eben.
Das Gehรคuse ist in Form und Abmessungen (42 mm Durchmesser, 52mm Horn-zu-Horn, angenehme 12,5mm Hรถhe) identisch mit dem der unlimitierten Standard-Seascoper 300. Neu ist aber, dass Titoni den knalligen Orange-Farbton mit einer komplett schwarzen, diamantรคhnlichen Kohlenstoffbeschichtung des Gehรคuses verstรคrkt (Diamond-like Carbon โ DLC). Die bietet auch ganz pragmatisch eine Reihe von Vorteilen, darunter vor allem Hรคrte und Kratzfestigkeit: DLC-Beschichtungen bestehen aus einer dรผnnen Schicht aus amorphen Kohlenstoff, die mit einer Diamantstruktur vergleichbar ist (daher auch der Name). Diese Beschichtung verleiht der Oberflรคche der Uhr eine hohe Hรคrte und Abriebfestigkeit, wodurch die Seascoper 300 DLC widerstandsfรคhiger gegen Kratzer und Schrammen bei der alltรคglichen Nutzung ist. Die schwarze DLC-Beschichtung schรผtzt die Uhrenoberflรคche auรerdem vor Korrosion: Sie bildet eine Barriere gegen Feuchtigkeit, Schweiร und dergleichen.
Nun stรถรt man als Uhrenfreund ja hin und wieder รผber Vintage-Uhren, die mit einer schwarzen Beschichtung kommen, aber ziemlich runtergerockt aussehen, d.h. der Stahl scheint an allen Ecken und Enden durch die Beschichtung durch (zum Beispiel bei Porsche Design-Chronographen, die ab 1972 die allerersten Zeitmesser mit schwarz beschichtetem Gehรคuse waren).
Dazu sei gesagt, dass Produktionstechniken heute natรผrlich viel besser sind als vor vielen Jahrzehnten – DLC-Beschichtungen kommen daher beispielsweise heute auch im Maschinenbau zum Einsatz, um die Leistungsfรคhigkeit von Werkzeugen und Bauteilen zu erhรถhen. Darรผber hinaus gehรถren zu denย weit verbreiteten Anwendungenย fรผr DLC-Beschichtungen Hochleistungswellenlager und Planetengetriebe fรผr Automobile und den Rennsport bis hin zu Windkraftanlagen, Schneidklingen und Kolbenpumpen aus Edelstahl fรผr die Lebensmittelverarbeitung sowie gleitende Bauteile in Fรผll- und Abfรผllanlagen. Unzerstรถrbar ist eine DLC-Beschichtung aber natรผrlich nicht: durch starke Stรถรe oder grobe Behandlung kann die Oberflรคche in Mitleidenschaft gezogen werden.
Das tiefschwarze Gehรคuse wird von einer Lรผnette mit schwarzer, kratzfester, polierter Keramikeinlage abgerundet, die eine typische Diver-Einteilung beherbergt und das Markieren des Tauchstarts ermรถglicht (zum Beispiel in Ergรคnzung bzw. als Backup zum Tauchcomputer, um eine ungefรคhre Vorstellung รผber das restliche Atemgasgemisch zu haben). Natรผrlich lassen sich auch ganz alltรคgliche Dinge wie beispielsweise Kochzeiten mit der Lรผnette messen.
Fรผr den Halt am Handgelenk sorgt ein angenehm flexibles, schwarzes und vollkommen geruchsneutrales Kautschukband mit schwarz DLC-beschichteter Faltschlieรe und seitlichen Drรผckern. Das Band ist dabei lobenswerterweise vollintegriert, was einfach hochwertiger und moderner aussieht.
Darรผber hinaus ist auch ein zusรคtzliches Textilband mit klassischer Dornschlieรe Bestandteil des auf 100 Stรผck limitierten Gesamtpaketes. Das Band aus sogenanntem #tide Ozeanmaterial stammt von der gleichnamigen, in Basel ansรคssigen Firma Tide Ocean und wurde auf der Grundlage von Upcycling-Prozessen produziert.
Tide Ocean arbeitet seit kurzem beispielsweise mit der Umweltorganisation Sea Shepherd zusammen: Das gemeinsame Projekt widmet sich der Wiedergewinnung gebrauchter Fischereiausrรผstungen, darunter die sogenannten Geisternetze (ghost nets), die oftmals aus Plastik sind und im Meer enden und dort Schaden anrichten. Auch nicht mehr gebrauchte Ausrรผstungen werden direkt bei den Fischern eingesammelt. In einem Pilotprojekt haben Sea Shepherd und Tide Ocean auf der kroatischen Insel Opฤina bereits 20 Tonnen Netze eingesammelt.
Das Material wird von Tide Ocean zunรคchst zu Kunststoffgranulat verarbeitet. Fรผr die Herstellung der jeweiligen Produkte wird das Granulat verflรผssigt und anschlieรend in Form gebracht, beispielsweise zu Schnรผrsenkeln,ย Bucheinbรคndenย und Bikinis โ oder eben Textilbรคndern fรผr Uhren, die im Falle der Bรคnder fรผr die Seascoper 300 auch noch mit passender schwarzer Stahl-Hardware (Keeper, Schlieรe) ausgestattet sind. Mit dem #tide-Band wird man zwar sicher nicht zum Retter der Ozeane, aber die Idee schafft (davon mal abgesehen, dass sie thematisch auch hervorragend zu einer Taucheruhr passt) eine gewisse Sensibilitรคt fรผr die leider ungebrochen hohe Verschmutzung der Meere.
Fรผr den Antrieb der Seascoper 300 DLC sorgt – wie auch bei der unlimitierten Standardvariante – das robuste und zuverlรคssige Schweizer Kaliber Sellita SW200-1. Dadurch grenzt Titoni die Seascoper 300 gegenรผber der hochpreisigeren Seascoper 600 ab, die mit dem Manufakturkaliber T10 kommt.
Das Sellita SW200-1 in der Seascoper 300 ist auรerdem von der COSC als Chronometer zertifiziert, d.h. gemรคร Norm darf die Gangabweichung maximal -4 bis +6 Sekunden betragen. Bei der COSC werden die (unverbauten) Werke in fรผnf Lagen und bei drei verschiedenen Temperaturen (8 ยฐC, 23 ยฐC, 38 ยฐC) fรผr 15 Tage intensiv getestet, bevor sie wieder (samt Zertifikat) an den Hersteller geschickt werden. In der Preisklasse der Seascoper 300 ist ein solches Chronometer-Zertifikat alles andere als eine Selbstverstรคndlichkeit – und dรผrfte viele Uhrenfreunde mit Blick fรผr eine hohe Ganggenauigkeit sicherlich freuen.
Abschlieรende Gedanken
Als ich die Pressemappe mit den Renderings gesehen habe, war ich ehrlich gesagt zunรคchst nicht so ganz รผberzeugt davon, ob das orange Blatt in Verbindung mit dem schwarzen Gehรคuse der modernen Seascoper 300 steht. Ich muss aber sagen, dass (und ich hoffe, dass ich das mit den Bildern hier transportieren konnte) die Seascoper 300 Orange DLC in natura richtig richtig gut aussieht. Und auch qualitativ gibt es, bis runter auf Makro-Ebene, keinerlei Anlass zur Kritik. Insbesondere auch die COSC-Zertifizierung rundet das Gesamtpaket wunderbar ab.
Die auf 100 Stรผck limitierte Titoni Seascoper 300 Orange DLC ist ab sofort zum Preis von 1700โฌ direkt bei titoni.ch oder verschiedenen Fachhรคndler erhรคltlich. Preislich liegt die DLC-Variante damit unwesentlich รผber der unlimitierten bzw. unbeschichteten Variante. รbrigens: Unter der Referenz 83300 B-BK-R-716 gibt es auch noch eine neue „Tarnkappen“-Variante (limitiert auf 500 Stรผck).
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Schรถner Bericht, wie immer. Die Uhr finde ich ganz nett, so ganz รผberzeugt mich das Design nicht. Ich habe das Gefรผhl, so langsam sรคttigt sich mein Blick fรผr Orange (Taucher)Uhren. Ich mag orange, aber vielleicht habe ich zu viele in letzter Zeit angeschaut ๐
Hallo,
Danke fรผr den Bericht.
Die farbliche Kombination von Zifferblatt + Gehรคuse der limitierten Seascoper 300 Orange DLC gefรคllt mir ziemlich gut, optisch wรผrde sie vermutlich gut zu mir passen.
Interessant bei Titoni finde ich aber vor allem das eigene Manufaktur-Kaliber T10 in einer noch relativ erschwinglichen Taucheruhr. Wenn รผberhaupt, werde ich mir darum irgendwann die Seascoper 600 nรคher ansehen.
Schade fรผr mich, dass es die Seascoper 600 nicht in diesem tollen Orange-Schwarz plus einem entsprechenden Metallband gibt.
Liebe Grรผรe
Prem Amido
Ja, wie immer cooler Artikel, aber mir gefรคllt die Uhr schlicht nicht. Ich wรผrde mein Geld eher in die Anomaly Evolution von code41 investieren. Auch in diesem Blog bereits vorgestellt.
LG Rainer
Wie immer ein toller Beitrag mit Bildern, deren Emotionalitรคt immer super zu den vorgestellten Uhren passen wie hier eine robuste, schwarze (orangene) Taucheruhr. Ich finde es aber leider schade, dass einige Hersteller den „orangenen“ Trend regelrecht verpennt haben und jetzt erst mit solchen Ziffernblattfarben hinterher rennen. (Wie auch Formex) PS: Ich wรผrde lieber die Certina DS Super PH 500M in Edelstahl / orange bevorzugen – kostet nur 1000 Euro und hat nicht die PVD-Problematik. Weiter so – Hasta luego.
Sehr guter und interessanter Bericht. Aber geht es nur mir so, dass ich die Uhr fรผr zu teuer halte? Wรคre froh um eure Meinung und Ansichten.
Lieber Gruss
Andi
Wie immer ein sehr interessanter und umfangreicher Artikel. Die Black Stealth Variante gefรคllt fast ein bissle besser als das Orange. Insgesamt eine sehr schรถne Uhr.