Auch wenn ich kein Apple-Fan bin (Schande über mein Haupt!), ist die Apple Watch sicherlich eines der besten Modelle auf dem noch jungen Smartwatch-Markt. In einschlägigen Uhrforen ist zu beobachten, dass auch Fans „klassischer“ Uhren Interesse an der Funktionsvielfalt von Smartwatches wie der Apple Watch haben.
Das Problem: Zwei Uhren gleichzeitig zu tragen (jeweils eine pro Handgelenk) sieht eher albern aus. Und die (mechanische) Lieblingsuhr für eine Smartwatch abnehmen – davor scheuen sich viele Uhrenfans noch.
Der Frankfurter Uhrenhersteller Sinn Spezialuhren hat nun ein duales Bandsystem entwickelt, welches eine Brücke zwischen diesen beiden Welten schlagen soll. Ob das gelingt und welche Alternativen es gibt, zeigt dieser Artikel.
Duales Bandsystem für die Apple Watch von Sinn Spezialuhren: Das Funktionsprinzip
Schauen wir zunächst mal, was man bei Sinn in Frankfurt ausgetüftelt hat, um der Konkurrenz durch Smartwatches für die klassische Uhrenindustrie („Mittlerweile werden mehr Smartwatches als Schweizer Uhren verkauft„) zumindest ein wenig die Stirn zu bieten:
Zunächst werden an beiden Uhren (eine „normale“ und eine Apple Watch) je zwei verkürzte Armbandhälften (mit jeweils eigener Dornschließe) montiert. Beide Uhren werden anschließend mit Hilfe dieser Armbandhälften und einer der beiden Dornschließen zusammengeschlossen. Die so verbundenen Uhren lassen sich dann um das Handgelenk legen und mittels der anderen Dornschließe sicher verschließen. Die beidseitige Anordnung der Dornschließen ermöglicht das mittige Anpassen an das Handgelenk. Zustzliche Flexibilität gewährleistet das zum Set gehörende separate Überbrückungsband. Mit ihm lassen sich bei Bedarf die Uhren auch einzeln tragen.



Und so sieht das Ganze dann live am Handgelenk aus:



Hier auch noch ein anschauliches Video von Sinn:
Das Duale Bandsystem passt an Sinn-Uhren mit einer Bandanstoßbreite von 22 mm und an Apple Watches der Gehäusegrößen 38mm und 42mm. Der Preis für ein Armbandset beträgt 175 € (reduziert sich beim Kauf einer Sinn-Uhr auf 100 €).
Lieferumfang: Etui mit zwei verkürzten Armbandhälften für die Apple Watch inklusive der Bandanstöße, zwei verkürzten Armbandhälften für die Sinn-Uhr,
ein Überbrückungsband, Bandwechselwerkzeug und Ersatzfederstegen.
Einschätzung und Alternative zum Dualen Bandsystem von Sinn
Der große Vorteil vom dualem Bandsystem von Sinn soll natürlich der folgende sein: Man steht nun nicht mehr vor der schwierigen Entscheidung, ob man seine normale Uhr gegen eine Smartwatch tauscht, sondern kann einfach beides gleichzeitig am selben Handgelenk tragen.
Der beschäftige Manager hat z.B. dadurch den Vorteil im Meeting dezent seine E-Mails checken zu können ohne – auf dem Smartphone rumtippend – geistig abwesend zu wirken…. hmmm!
Wie bequem sich die Kombination aus Apple Smartwatch und normaler Uhr mit dem dualen Bandsystem trägt, kann wohl nur ein ausführlicher Tragetest zeigen. Ich kann an dieser Stelle leider nur die Optik bewerten – und die wirkt nach meinem Empfinden etwas klobig. Mit größeren Uhrenmodellen ist die Optik aber sicher noch vertretbar. Bei kleineren Uhren, die auch gerne zum Anzug getragen werden, sieht der ganze Spaß dann sicherlich schnell unausbalanciert aus.
Für Schreibtischtäter wie mich ist die Lösung meiner Meinung nach auch weniger geeignet: Eine Hand an der Maus, die andere an der Tastatur – wie soll man so effizient arbeiten, ohne die Smartwatch auf Dauer zu zerkratzen? Davon mal abgesehen habe ich mit einem sehr dicken Panerai-Lederarmband bereits die Erfahrung gemacht, dass ein „ausladendes“ Armband schlicht beim Arbeiten mit Maus und Tastatur auf Dauer stört.
Am ehesten ist das duale Bandsystem von Sinn noch für Außendienstmitarbeiter bzw. Vielreisende geeignet, die nicht viel Zeit am Schreibtisch verbringen und permanent im Kontakt mit dem Büro bleiben müssen wollen.
Aber welche Alternativen gibt es?
Graziler und stimmiger sieht meiner Meinung nach z.B. die Alternative vom Kölner Start-Up Wotch aus, das in Kooperation mit der Pforzheimer Uhrenarmband-Manufaktur ROWI entsteht: Das e-Strap, welches mit
tradition meets technology
beworben wird:
Die Lösung von Wotch ist allerdings leider noch nicht erhältlich: Auf der Website des Start-Ups kann man per Newsletter aber auf dem Laufenden bleiben. Ich persönlich hoffe jedenfalls sehr, dass die Finanzierung dieses Projektes nicht ins Stocken gerät – teilweise ist wohl auch Crowdfunding angedacht.
Für alle Ungeduldigen: Die Firma Montblanc macht nicht nur Füller, sondern auch Uhren und hat ein ähnliches System im Portfolio: Das Montblanc E-Strap, welches im Vergleich zum E-Strap von Wotch aber ebenfalls etwas klobig wirkt (von der Auflösung des Displays fange ich gar nicht erst an – nennen wir sie „zweckmäßig“):
https://www.youtube.com/watch?v=-u49L2u-JV4
Eine weitere Alternative ist das Tragen eines Fitness-Trackers parallel zur „normalen“ Uhr: Hersteller wie Garmin oder Fitbit bieten diese Geräte an, die wie schmale, schlichte Armbänder aussehen und neben den Fitness-Funktionen auch Benachrichtigungs-Anzeigen bieten.
Sicher ist die Funktionsvielfalt nicht so groß wie bei einer richtigen Smartwatch, man hat aber zumindest ein paar ergänzende Funktionen am freien Handgelenk mit dezentem Look.
Keine echte Alternative zur mechanischen Uhr, aber eine eventuell akzeptable Zwischenlösung sind natürlich auch Smartwatches, die wenigstens aussehen wie eine „richtige“ Herrenuhr. TAG Heuer ist hier mit der Connected einer der Vorreiter mit einer Kombination aus klassischem Uhrendesign und Funktionsvielfalt einer Smartwatch. Das Innenleben der TAG Heuer Connected ist aber natürlich wie bei allen anderen Smartwatches nach einigen Jahren purer Elektroschrott…

Was denkt ihr über die hier vorgestellten Möglichkeiten? Machen kombinierte Optionen überhaupt Sinn? Hinterlasst mir einen Kommentar!
Solange ich eine Uhr als Schmuck für den Mann betrachte, fehlt mir die Beziehung zu solch „Verbindungen“ und ich werde sicherlich weiterhin den Anblick einer schöne Schließe bevorzugen.
Sieht eigentlich ziemlich interessant aus dieses System – vor allem für Menschen wie mich, die einen ziemlich abwechslungsreichen Alltag haben, wo in jeder Situation eine andere Uhr gefordert sein kann.
Leider ist die Auswahl solcher Systeme derzeit aber noch sehr begrenzt. Zumindest scheint es mir so zu sein.
Wenn ich viel unterwegs bin, hole ich mein Händie raus, wenn ich kommunizieren will. Für‘s Auto gibt‘s Freisprechanlagen, für’s Fahrrad Headsets (verboten, glaube ich), schriftliche Kommunikation verbietet sich da ohnehin. Ich kann mir jetzt gerade keine Situation vorstellen, in der eine Smartwatch beim Unterwegssein von Vorteil sein kann. Aber ich sehe ja selbst, dass die Dinger weggehen, wie warme Semmeln. Also wird es dafür auch einen Bedarf geben.
Ich finde den Ansatz von Sinn, die Smartwatch auf das Band der ordentlichen Uhr zu setzen, auch erstmal nicht falsch, aber ich glaube, dass es da smartere Lösungen gibt, Clips zum Beispiel. Dann muss ich auch nicht mehr ewig mit Federstegen rumfummeln, wenn ich den Computer loswerden will.
My two cents.
Danke für deine Gedanken!
Die von SINN vorgestellte Kombination macht schon Sinn, im wahrsten Sinne des Wortes. So wie sich im Automobilbau aufgrund bekannter Nachteile der rein elektrische Antrieb bislang nicht durchsetzen konnte, so werden es die Smartwatches – aufgrund noch vorhandener Einschränkungen und Mängel – ebenfalls noch für eine gewisse Zeit schwer haben, die volle Akzeptanz zu erlangen.
Was machen die Automobilhersteller? Nun, sie machen eben beides, sie kombinieren den konventionellen mechanischen Antrieb mit elektrischem Antrieb zum viel beschworenen Hybrid. Also von jedem etwas. Und der Kunde nimmt´s an. Also weshalb diesselbe hybride Strategie nicht bei der Uhr anwenden?
Die klassische mechanische Uhr mit hoher Lebenserwartung, wie gehabt, oben auf dem Handgelenk und das elektronische Gadget als purer Informationsträger und -übermittler – also reines Mittel zum Zweck – unten am Handgelenk. Der Vorteil der Lösung von SINN ist zudem, dass sich die Smartwatch jederzeit gegen ein neues Modell austauschen lässt, wohingegen der mechanische Zeitmesser der „alte“ bleibt.
Ein besonderer Clou ist das Überbrückungsband: Für den abendlichen Besuch im Restaurant oder Kino, darf die Apple-Watch dann auch einmal zuhause bleiben, das Überbrückungsband macht´s möglich. Umgekehrt wird beim Radfahren, Joggen oder Tennis spielen die mechanische Uhr geschont und die Apple-Watch alleine dient als Zeitnehmer und Überwacher des Herzschlags.
Wir hatten bereits die Gelegenheit den „Doppelstöcker“ etwas länger am Handgelenk zu tragen und der Gewöhnungseffekt tritt überraschend schnell ein. Bzgl. einer möglichen Verkratzungsgefahr der Apple-Watch einfach jene mit Saphirglas nehmen, dann sollte das ebenfalls kein Thema sein. Wird das Duale Bandsystem vom Rechtshänder links getragen, so stört diese Kombination auch bei der Büroarbeit nicht.
Alle anderen Lösungen, ob Montblanc, oder ROWI leben von Eigenentwicklungen, die viel Entwicklungsbudget verschlingen und vermutlich auf keine wirklich rentable Stückzahl kommen, so dass für späterer Updates, Modellpflege und Weiterentwicklungen vermutlich nicht ausreichend Geld in die Kasse gespült wird. Ob es diese Lösungen längerfristig geben wird, darf zumindest bezweifelt werden. Da hat SINN den ungleich besseren Weg gewählt.
Hallo Herr Weigert,
ich habe Ihren Eintrag zum dualen Armbandsystem auf deutsches-uhrenportal bzw. im dazugehörenden Blog deutsche-uhrmacher durchaus schon gesehen. Ich verstehe auch gut, dass Sie mit Ihren Plattformen für die deutsche Uhrenindustrie erst einmal positiv dem Konzept gegenüber stehen.
Wie in meinem Artikel erwähnt, kann ich den Tragekomfort nicht direkt bewerten, glaube Ihnen aber, dass es zunächst nicht stört, wenn unter dem Handgelenk noch eine Apple Watch montiert ist – ich hatte ja auch geschrieben, dass ich mir vorstellen kann, dass Leute, die nicht am Schreibtisch arbeiten mit dem System klar kommen dürften.
Aber:
Davon mal abgesehen, dass in aller Regel wohl sowieso fast alle Rechtshänder ihre Uhr links tragen (und umgekehrt), ist mir aber nicht klar, wo der Vorteil sein soll das Handgelenk zu wechseln. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich benutze Maus UND Tastatur – und da stört nun mal so ein Klotz unterm Armband beim Bedienen (sogar ein sehr dickes Lederarmband mit wuchtiger Schließe an meiner Panerai sorgt für ein unangenehmes „Emporheben“ des Handgelenkes).
Dass das Alu-Gehäuse des Apple Watch-Klotzes beim täglichen „Desk-Diving“ kratzerfrei bleibt, wage ich auch stark zu bezweifeln (ein Blick auf die Schließen von Uhrenträgern genügt).
In dieser Hinsicht hinkt der Vergleich mit der Automobilindustrie: Welche Komfort-Einschränkungen muss denn ein Hybrid-Besitzer im Alltag ertragen? Richtig: Keine.
Hinzu kommt noch die mehr als dürftige, klobige Optik (wie ich ebenfalls ausgeführt habe) – und mit der Meinung bin ich alles andere als alleine 🙂
Ich stimme aber zu, dass sich z.B. die Lösung von Wotch/ROWI erst einmal durchsetzen muss, wenn sie am Markt ist (liegt in der Natur der Sache). Dass solch eine Lösung niemals auf „rentable Stückzahlen“ kommt, ist aber reine Spekulation.
Meine persönlich favorisierte Lösung ist derzeit noch am ehesten das parallele Tragen eines dezenten Fitness-Armbandes mit Benachrichtigungs-Funktion. Gerne lasse ich mich auch von weiteren Lösungen überraschen. Der Ansatz von Sinn ist aus meiner Sicht aber weder eine schöne, noch eine praktische Lösung für Schreibtischtäter.
Kurzum noch mal mein Fazit als unabhängiger Blogger: Ich mag Uhren aus deutschen Landen und ich mag auch Uhren von Sinn. Das duale Armbandsystem ist aber aus meiner Sicht nicht mal ansatzweise eine akzeptable Antwort auf die scheinbar übermächtig auf die klassische Uhrenindustrie zurollende Smartwatch-Welle. Oder kurz gesagt: Das Konzept ist UnSINN.
Gruß
Mario