Nachschlag vom gebürtigen Dänen Mick: Nach dem gelungenen Einstand mit dem sportlichen Modell Østersøen folgt nun die Søværn, die deutlich schlichter ist und gleichzeitig an das Design des Vorgängers anknüpft. Mit frisch getanktem Selbstbewusstsein aufgrund des Erfolges über Kickstarter, wird die Søværn von Mick in Eigenregie über Vorbestellungen abgewickelt. Lange muss man sich aber nicht gedulden: Das Modell kommt zeitnah schon in diesem Sommer. Schauen wir also mal genauer hin.
Eckdaten Nordic Marine Instruments Søværn:
- Japanisches Automatikkaliber Miyota 9015
- Gehäuse aus 316L Edelstahl
- Durchmesser: 39 mm (mit Krone 40,7 mm)
- Horn-zu-Horn: 47,6 mm
- Höhe: 10,5 mm
- Zifferblatt im Sandwich-Stil, Oberfläche matt gestrahlt, Super-LumiNova
- Flaches Saphirglas, Antireflexbeschichtung innen
- Wasserdichtigkeit 10 atm / 10 bar / 100 m (verschraubte Krone)
- Armband: 316L-Edelstahl, gebürstet, Schnellwechselsystem, on-the-fly Schnellverstellung in der Schließe.
- Preis: ab 499€ inkl. Vorbestellerrabatt über Watchbandit, Auslieferung geplant für August 2024
Nordic Marine Instruments Søværn im Test
Nordic Marine Instruments bewirbt das brandneue Modell Søværn, das nun Mitte 2024 auf das Einstandsmodell Østersøen folgt, als „Navy/Field-Uhr“. Der Modellname Søværn ist entsprechend das dänische Wort für „Marine“. Einerseits verstehe ich, dass Nordic Marine Instruments den Bezug zum weiten Meer sucht: Hinter Nordic Marine Instruments und dem Modell Søværn steckt der gebürtige Däne Mick Jørgensen und die Dünen und das Meer sind durchaus Assoziationen, die vielen Uhrenfreunden beim Gedanken an Dänemark durch den Kopf schießen dürften. Andererseits verbinden die meisten Uhrenfreunde mit einer Field Watch wohl eher historische Merkmale wie den 24-Stunden-Innenring.
Die Nordic Marine Instruments Søværn ist im Prinzip eigentlich eine klassische GADA- bzw. „Go anywhere, do anything“-Uhr. Okay, letztendlich ist es natürlich hochgradig subjektiv, was eine Uhr zu einer Uhr macht, mit der man „überall hin gehen und alles tun“ kann. Kurz gesagt, würde ich persönlich aber eine GADA-Uhr als eine dezente, schnörkellose Dreizeiger-Sportuhr mit guter Wasserdichtigkeit (keine Taucheruhr) und gut tragbaren Abmessungen bezeichnen, die zu allen Angelegenheiten passt, also egal, ob mich der Tag in Schwimmbad, Büro oder auf eine Geburtstagsfeier führt.
Aber schieben wir mal das Schubladendenken beiseite: Mick bringt mit der Søværn schon das zweite Modell seiner eigenen Marke auf den Markt – und die Designsprache ist dabei sehr stringent (dazu gleich mehr). Der Däne ist übrigens auch Co-CEO von Watchbandit, einem von ihm vor rund zehn Jahren in Berlin (mit-)gegründeten Online-Shop mit Spezialisierung auf Uhrenarmbänder sowie Microbrands. Mick hat bereits mit dem Einstandsmodell Østersøen erfolgreich bewiesen, dass er auch eigene Uhren kann. Preislich bewegt sich Mick mit Blick auf die Microbrand-Kompetenz von Watchbandit wenig überraschend in einem erschwinglicheren Preisbereich, der aber gefühlt grade am Aussterben ist, nämlich der Bereich von Pi mal Daumen 500€.
Schon beim ersten Blick auf die Søværn wird klar, dass Nordic Marine Instruments vor allem nordisch-sachliche Designprinzipien wie Einfachheit, Minimalismus und Funktionalität treu geblieben ist – gleichzeitig verliert sich das Modell nicht im x-ten “Scandinavian Design”-Abklatsch, den man von vielen Modemarken noch und nöcher kennt.
Nicht ganz zufällig muss man mit Blick auf das minimalistische Design aber an das Bauhaus denken: Die Bauhaus-Bewegung in Deutschland hatte einen erheblichen Einfluss auf die skandinavischen Länder, besonders in den Bereichen Design und Architektur. Die Prinzipien des Bauhauses, wie Funktionalität, Minimalismus und klare Linien, wurden von skandinavischen Designern übernommen und weiterentwickelt. Dies spiegelt sich beispielsweise auch im skandinavischen Möbeldesign wider. Designer wie der Finne Alvar Aalto und der Däne Arne Jacobsen ließen sich von den Bauhaus-Ideen inspirieren und integrierten neue Materialien und industrielle Produktionstechniken in ihre Arbeit. Auch in der Bildung wirkten sich die Bauhaus-Prinzipien aus, da sie in skandinavischen Designschulen und Architekturausbildungen übernommen wurden.
Der innere Teil des Blattes ist matt gestrahlt und hat eine dezente, feine Körnung. Die Sandwich-Konstruktion kommt mit schlanken, abgerundeten Indizes, die in das Zifferblatt eingeschnitten wurden. Mit anderen Worten: Bei einem Sandwich-Design kommt das Zifferblatt in Zwei-Schichten, bei der die Indizes ausgeschnitten sind, wodurch die untere Schicht mit der Leuchtmasse zum Vorschein kommt – dadurch wirkt das Zifferblatt plastischer und hochwertiger als bei rein gedruckten Indizes, ohne dabei die Ablesbarkeit zu beeinträchtigen. Historisch betrachtet hat vor allem Panerai diese Besonderheit salonfähig gemacht – ursprünglich mit dem ganz pragmatischen Ziel, die Leuchtwirkung der nachleuchtenden Farbe zu verstärken. Die außenliegende Minuterie wird von einem feinen, polierten Edelstahlring abgegrenzt, der dem matt gestrahlten Blatt, zusätzlich zum Sandwich-Design, eine gewisse Plastizität und höhere Wertigkeit verleiht.
Für Farbtupfer bei einigen der sechs Varianten sorgen rote Punktmarkierungen in der Minuterie. Diese bilden neben der Sekundenzeigerspitze und dem „Søværn“-Schriftzug eine von drei dezenten roten Akzenten auf dem Zifferblatt.
Gut: Die Datumsscheibe ist bei den jeweiligen Farbvarianten löblicherweise farblich exakt abgestimmt, was alles andere als eine Selbstverständlichkeit in der 500€-Preisklasse ist. Schöne Details: Das Datumsfenster ist leicht abgestuft und der Sekundenzeiger trägt als „Gegengewicht“ einen kleinen Anker.
Nordic Marine Instruments bietet die Søværn in üpigger Farbauswahl von sechs verschiedenen Varianten an: Die Farbe Himmelblå (Himmelblau) ist denke ich selbsterklärend – dafür braucht man das Dänisch-Wörterbuch wohl nicht unbedingt zücken. Die Farbe Fuldmåne (Vollmond) wiederum kommt mit einem sogenannten Leuchtkeks-Zifferblatt, das komplett mit Super-LumiNova belegt ist und bei Nacht entsprechend fulminant nachleuchtet. Bei Tageslicht weist das Blatt einen gelblichen Farbton auf – daher sind auch Zeiger und Indizes tiefschwarz gehalten und nicht selbst nachleuchtend, um den Kontrast zum leuchtenden Blatt herzustellen. Auch, wenn ich diese Variante nicht in den Händen halten konnte, ist sie definitiv mein großer Favorit.
Weiterhin gibt es (ebenfalls selbsterklärend) die Varianten Stålgrå (Stahlgrau) und Mosgrøn (Moosgrün) mit dunkelgrünem Zifferblatt. Kulsort (Rabenschwarz) ist quasi die „Ninja“-Variante – komplett schwarz mit DLC-beschichtetem Gehäuse und -Armband sowie schwarzem Zifferblatt mit beiger Super-LumiNova.
Last but not least: Bei der in diesem Artikel gezeigten Variante handelt es sich um den Dauerbrenner schlechthin: Midnat (Mitternacht) mit tiefschwarzem Zifferblatt und unbeschichtetem Stahlgehäuse. Schön: Alle Farbvarianten kommen mit einem farblich abgestimmten Datumsscheibe – alles andere als eine Selbstverständlichkeit in dieser Preisklasse.
Das Gehäuse ist eines eines meiner Highlights. Es handelt sich um dasselbe Gehäuse wie beim Einstandsmodell Østersøen. Und das ergibt absolut Sinn, denn grade frischgebackene Marken müssen darauf bedacht sein einen Wiedererkennungswert zu generieren – und das Gehäuse sticht mit seiner hohen Qualität definitiv heraus. Der einzige Unterschied gegenüber der Østersøen ist, dass eine feste Lünette die drehbare ersetzt und das Gehäuse dadurch merkbar kompakter wirkt (dazu gleich mehr).
Besonders ins Auge stechen die polierten Fasen an den oberen und unteren Gehäuseflanken und an der Lünette, die knackig scharf umgesetzt sind und einen wesentlichen Teil zur hochwertigen Optik der Uhr beisteuern. Zum Einsatz kommt dabei die sogenannte MØRK-Poliertechnik (vom dänischen Wort für “dunkel”), auch bekannt als Schwarzpolieren: Diese Technik wird komplett händisch durchgeführt und erfordert die Anwendung von allmählichem Druck für unterschiedliche Zeiträume auf die zu polierende Oberfläche mit einer Diamantpaste. Das Ziel: Ebenmäßig glatt polierte Oberflächen, die in bestimmten Winkeln schwarz wirken (daher auch der Name). Die Poliertechnik kennen Uhrenfreunde in ähnlicher Form vor allem von hochwertigen Modellen japanischer Hersteller wie Grand Seiko oder Orient Star.
Ein schönes Detail, das für Liebe zum Detail spricht ist ferner, dass das Gehäuse polierte Fasen an der Innenseite der Bandanstöße hat, an denen das Armband mit der Uhr verbunden ist.
Mit einem Durchmesser von 39 mm (bei 47,6 mm Horn-zu-Horn) hat die Søværn kompakte Dimensionen spendiert bekommen und ist damit für viele Herrenhandgelenke (und das eine oder andere Damenhandgelenk) sicherlich wunderbar tragbar. Insbesondere die Gehäusehöhe fällt mit 10,5 mm angenehm und überdurchschnittlich flach aus – einen Beitrag dazu leistet auch das japanische Automatikkaliber Miyota 9015 (nur 3,9mm Höhe gegenüber 4,6mm beim Sellita SW200-1), dazu aber später mehr. Wenn wir nicht ausschließlich auf die „harten“ Fakten schauen, so lässt sich auf jeden Fall auch festhalten, dass die Søværn einfach deutlich zierlicher wirkt als die Østersøen – die verschiedenen Lünetten-Typen ändern den Gesamteindruck auf signifikante Art und Weise.
Auf den Tragekomfort zahlt auch das qualitativ mehr als ordentliche Stahlband im Oyster-Stil mit seinen verschraubten Bandgliedern ein, das ebenfalls identisch mit dem Band der Østersøen ist: Für ein Stahlband in dieser Preisklasse ist es haptisch richtig gut. Das Band verjüngt sich dabei ziemlich stark, und zwar von 20 mm an den Bandanstößen auf 16 mm an der Schließe. Gut ist auch die Schließe mit integrierter Feinjustierung: Man drücke einfach an der Unterseite auf „TRYK“ (dänisch für „Drücken“) und schon lässt sich das Band verkürzen oder verlängern – ein tolles Feature, insbesondere im Sommer, wenn der Handgelenkumfang im Wechsel zwischen Bullenhitze und Klimaanlage massiv zu- bzw. abnehmen kann. Alternativ kann man über die Schnellwechselfederstege auch das Stahlband ratzfatz und werkzeuglos demontieren, um ein Band aus Leder, Kautschuk oder dergleichen zu montieren.
Wer nicht so auf Stahl steht, dem sei gesagt, dass die Søværn eine echte „Strap Queen“ ist – das zeigen die Bilder unten von der Fuldmåne-Variante mit verschiedenen Bändern von Chroonoo:
Im Inneren der Søværn tickt das japanische Automatikkaliber 9015 aus dem Hause Citizen-Miyota. Es gilt als zuverlässiges und robustes Uhrwerk, das von den Japanern gezielt als Konkurrenz-Kaliber zu Schweizer Dreizeigerkalibern von ETA & Co. ins Rennen geschickt wurde – entsprechend muss sich das Kaliber keineswegs vor den Schweizern verstecken, so der Konsens unter Uhrennerds. Optisch gewinnt das Kaliber allerdings keinen Schönheitswettbewerb, daher ist es kein Beinbruch, dass es hinter einem einfachen, markant gebürsteten Stahlgehäuseboden versteckt ist.
Abschließende Gedanken
Die Nordic Marine Instruments Søværn wurde zunächst über eine Vorbestellerkampagne abgewickelt – anders als bei der Østersøen allerdings ohne Kickstarter-Kampagne, d.h. Mick wickelt die Vorbestellerphase komplett in Eigenregie ab, was aufgrund der Gebühren, bei denen Kickstarter ordentlich zulangt, mehr als nachvollziehbar ist. Gut: Anders als bei vielen Vorbestellerkampagnen, bei denen man wirklich lange auf eine Lieferung warten muss, ist die Produktion der Søværn bereits im vollen Gange, sodass die Auslieferung bereits im August 2024 starten soll. Update: Ende September sind auch die letzten Modelle bereits an die Kunden ausgeliefert. Die Uhren können aber auch noch regulär bestellt werden.
Der Preis ist mit Blick auf die gebotene Qualität und stringente Design, das die Sprache der Østersøen fortführt, durchaus fair – vor allem der vergünstigte Preis im Rahmen der Vorbestellerkampagne in Höhe von 499€ (statt 599€; entspricht -17%).
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Der Gott der Horologie oder sein skandinavisches Pendant haben mein Flehen erhört – endlich einmal eine Uhr mit nahezu perfekten Zeigerlängen! Gratulation