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Dieses Gefühl eine neue Uhr am Handgelenk zu tragen… und nach nur wenigen Tagen die ersten ärgerlichen Kratzer reinzuhauen. Wer kennt das nicht? Laco springt nun auf den Vintage-Zug auf und verordnet der neuen Erbstück-Modellreihe eine künstliche Turbo-Alterung. Ganz wie bei zerrissenen Vintage-Jeans, abgeschürften Möbeln oder Vintage Chucks sind Alterungsspuren bei der Laco Erbstück schon Teil des Kaufpreises…

Nachtrag März 2017: Ein ausführliches Review zur Laco Paderborn Erbstück findet ihr in diesem Artikel:

https://chrononautix.com/laco-erbstueck-paderborn-test-review-beobachtungsuhr-b-uhr-muster-vintage-retro-used-look/

Laco und die Geschichte der Beobachtungsuhren

Mit den sogenannten Beobachtungsuhren konnten die deutschen Navigatoren im zweiten Weltkrieg an Bord größerer Flugzeuge mit einem Oktanten (Winkelmesser) die genaue Position bestimmen – denn GPS gab es logischerweise nicht. Beobachtungsuhren hatten einige typische Merkmale, welche exakt vom Reichsluftfahrtministerium vorgegeben wurden. Die Vorgaben der B-Uhren beispielsweise sahen u.a. einen riesigen Durchmesser von 55mm und eine sehr große, zwiebeförmige Krone vor, damit die Navigatoren die Uhren auch mit Handschuhen bedienen konnten.

Die offiziellen Hersteller der B-Uhren im zweiten Weltkrieg waren:

  • IWC, Schaffhausen
  • Stowa, Engelsbrand
  • Wempe, Glashütte
  • Lange & Söhne, Glashütte
  • … und natürlich Laco, Pforzheim

Das Ziffernblatt der Beobachtungsuhren gibt es in zwei Baumustern: Das Baumuster A hat statt der arabischen „12“ ein Dreieck mit zwei Punkten. Dies ist auch beim Baumuster B der Fall, nur dass statt der arabischen Zahlen 1 bis 11 die Sekunden in 5er Schritten aufgedruckt sind. Die klassische Stunden-Einteilung von 1 bis 12 wiederum befindet sich in einem zusätzlichen Innenring. Mehr Infos gibt’s hier:

https://chrononautix.com/beobachtungsuhren-b-muster-fliegeruhren-marken-geschichte-funktionen-breitling-iwc-laco-stowa-wempe-steinhart-helmut-sinn-tutima-bundeswehr-pilotenuhr/

Die damalige Lacher & Co. Uhrenfabrik (da her stammt auch der Name „Laco“) produzierte neben den Beobachtungsuhren in den 1940er Jahren auch Taschenuhren für die Marine. Die Flieger- und Marineuhren waren beide mit dem hochwertigen DUROWE D5 Handaufzugskaliber ausgestattet.

Kurz vor Ende des Krieges im Jahre 1945 haben alliierte Bomber die Stadt Pforzheim völlig zerstört – auch von den Fabrikgebäuden von Laco und DUROWE ist nicht viel übrig geblieben. Die damaligen Inhaber ließen sich aber nicht entmutigen und konnten nur 4 Jahre später den Betrieb wieder aufnehmen – in einem 5-stöckigen Gebäude, das bereits 1950 Platz für satte 1400 Mitarbeiter bot (Quelle: Auf SpUHRENsuche: zu Besuch in innovativen Manufakturen und Ateliers, von Michael Brückner).

 

Laco Erbstück: Übersicht über die Modellvarianten, Eckdaten und Preise

Die neue Laco Erbstück-Modellreihe gibt es in insgesamt acht Varianten, die die Namen deutscher Städte tragen.

Ich habe das ganze mal in einer kleinen Übersicht dargestellt…

Übersicht Laco Erbstück Modellreihe:

A-Muster B-Muster
42mm (1648€) 45mm (1798€) 42mm (1648€) 45mm (1798€)
Handaufzug (ETA 2801) Memmingen  Westerland  Leipzig  Dortmund
Automatik (ETA 2824) Münster  Saarbrücken  Paderborn  Friedrichshafen

Die Modelle unterscheiden sich kurz gesagt im Wesentlichen nur hinsichtlich des Innenlebens (Automatik vs. Handaufzug), Gehäusedurchmesser (42mm vs. 45mm) und des Ziffernblattes (A- vs. B-Muster).

Bei den Frontalansichten der Erbstück-Modelle sieht man die Alterungseffekte: Rost, Dellen und Kratzer sehen extrem authentisch aus, die Leuchtmasse auf dem Ziffernblatt und den Zeigern ist künstlich gealtert und teilweise sogar „herausgebrochen“ – ein Spezial-Bindemittel verhindert ein ungewolltes weiteres abblättern.

Ansonsten ist der Look der Uhr von Authentizität geprägt – logisch, war Laco doch einer der offiziellen Lieferanten der Beobachtungsuhren: Ziffernblatt-Anordnung, die gebläuten Zeiger, Gehäuseform, Krone, die Prägung auf dem Gehäuseboden und das doppelt genietete Lederarmband entsprechen genau den damaligen Vorgaben. Einzig der Gehäusedurchmesser wurde nicht eingehalten – kein Wunder, denn wer hat schon Lust auf einen 55mm großen Klopper im Alltag?

Zugegeben: Etwas ironisch ist das in der Laco Erbstück verbaute kratzfeste und makellose Saphirglas natürlich schon – ein schönes Plexiglas in Kombination mit einem günstigeren Preis wäre meiner Meinung nach die bessere Wahl gewesen. Dass ein Plexiglas Kaufinteressierte nicht abschreckt, zeigt z.B. der Erfolg der Omega Moonwatch.

Hier einige schöne Eindrücke der Laco Erbstück:

(Bilder: Laco)

Laco Erbstück A-Muster Beobachtungsuhr Fliegeruhr Vorne

Laco Erbstück A-Muster Beobachtungsuhr Fliegeruhr

Laco Erbstück B-Muster Beobachtungsuhr Fliegeruhr Rückseite

Laco Erbstück B-Muster Beobachtungsuhr Fliegeruhr Seite

Laco Erbstück B-Muster Beobachtungsuhr Fliegeruhr Vorderseite

Laco Erbstück B-Muster Beobachtungsuhr Fliegeruhr vorne

 

Dass die Laco Erbstück den optischen Vergleich mit einer echten Beobachtungsuhr aus dem zweiten Weltkrieg nicht scheuen muss, zeigt auch dieses Video:

 

Diskussion und Bewertung der Laco Erbstück-Modellreihe – Pro und Kontra

Der Preis für die 42mm Variante beträgt 1648€, für die 45mm Variante sind 1798€ fällig.  Auf den ersten Blick scheint das recht ambitioniert, v.a. vor dem Hintergrund der günstigen Alternativen am Ende des Artikels. Dennoch muss man sagen, dass die Alterungsspuren mit viel Handarbeit und Liebe zum Detail erzeugt wurden. Ich habe noch keine Uhr gesehen, die diese Used-Look-Effekte so glaubwürdig aber gleichzeitig auch so extrem darstellt. Das ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal von Laco, gleichzeitig scheiden sich daran aber sicher auch die Geister. Nichtsdestotrotz: Wenn man einen perfekten Vintage-Look haben will, ist man mit der Laco Erbstück-Reihe wahrscheinlich besser bedient als mit Oldschool-Modellen wie die Tissot Heritage 1936, die wie aus dem Ei gepellt aussehen.

Schaut man sich außerdem die Preise von Beobachtungsuhren an, die tatsächlich im zweiten Weltkrieg getragen wurden und entsprechende Abnutzungsspuren haben, so landet man Ratz-Fatz bei 3000€ aufwärts – inkl. der Gefahr eine Fälschung oder eine „Wundertüte“ zu kaufen, in die man noch viel weiteres Geld investieren muss, damit diese „rund“ läuft. Im Vergleich dazu wirkt die Laco Erbstück fast wie ein Schnäppchen.

Warum die original Beobachtungsuhren für viele Tausend Euro die Besitzer wechseln ist klar: Die meisten B-Uhren sind damals in den Händen der Siegermächte gelandet, gut erhaltene Exemplare sind Mangelware.

Laco Erbstück A-Muster Beobachtungsuhr Fliegeruhr Setting
Bild: Laco

Kritiker der neuen Erbstück-Modellreihe würden sicherlich sagen, dass durch den starken künstlichen Alterungseffekt Historie vorgegaukelt wird, die die Uhr de facto nie erlebt hat. Die „Seele“ einer Original-Beobachtungsuhr fehlt komplett. Eine solche Uhr bekommt man normalerweise von seinem Großvater vererbt – begleitet von einer spannenden, einprägsamen oder oftmals sicher auch von Leid geprägten Geschichte.

Aber genau das ist auch der Knackpunkt: Nicht jeder Geschichte-Fan oder Uhrenverrückte hat das Glück eine gut erhaltene, über 70 Jahre alte Uhr vom Großvater zu bekommen. Auch die Jagd nach einem solchen Modell auf ebay gestaltet sich nicht einfach. Zum Tragen sind die Original-Beobachtungsuhren ohnehin kaum geeignet: 55mm Gehäusedurchmesser sehen in den meisten Fällen einfach völlig deplatziert aus.

Echte Hardcore-Sammler wird Laco mit der Erbstück allerdings kaum ansprechen können – diese werden die Muße mitbringen, um sich tief in die Welt der Vintage-Uhren einzuarbeiten und die Flohmärkte dieser Welt abzuklappern.

Für Kaufinteressierte, die ein Faible für Uhren mit korrektem historischem Background haben (wie z.B. auch die Omega Moonwatch), bietet Laco aber eine mit viel Aufwand und Liebe zum Detail produzierte, alltagstaugliche Alternative.

Alles in allem muss man einfach festhalten: Entweder man verliebt sich sofort in die Laco Erbstück oder man kann partout nichts mit dieser anfangen. So oder so hat Laco mit der Erbstück ein echtes Alleinstellungsmerkmal



Günstige Alternativen zur Laco Erbstück: Steinhart und Laco

Eine günstige Alternative zu den neuen Erbstück-Modellen kommt ebenfalls von Laco: Die schon länger erhältlichen „Used Look“ Modelle zeigen sich ebenfalls von ihrer besten Vintage-Seite, wenn auch nicht im Beobachtungsuhren-Design oder mit den extremen Alterungseffekten der Laco Erbstück-Reihe.

Für vergleichsweise humane 398€ bekommt man mit der Laco Used Look ein Made-In-Germany-Paket mit Saphirglas, japanischem Automatikwerk und 5 bar Wasserdichtigkeit, verpackt in einem 42mm Antikgold-Stil-Gehäuse.

Das Modell gibt es mit schwarzem und hellem Ziffernblatt, allerdings kommt der Used-Effekt nur so wirklich mit dem hellen Ziffernblatt rüber:

Laco Used Look Hell Vintage
Bild: Laco

Ebenfalls einen Blick Wert sind die beiden Beobachtungsuhren A-Muster und B-Muster von Steinhart mit einem leichten 44mm Titan-Gehäuse. Ausgestattet sind die beiden Varianten mit einem Schweizer ETA 2824 Automatikwerk, Saphirglas und schicken gebläuten Zeigern. Das Besondere: Das Ziffernblatt mit der auf alt getrimmten, bräunlichen Leuchtmasse, welche vom Vintage-Lederarmband unterstrichen wird. Wer unbedingt eine Beobachtungsuhr sucht und auf die Hersteller-Historie pfeift, der findet für 470€ eine faire Alternative.

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J.N.
3 Jahre zurück

wie soll ich sagen habe diese uhr bei meinen uhrmacher live gesehen und war gleich begeistert jedes teil nummeriert einfach nur traumhaft
aber nicht meine preisklasse