Im Jahre 2022 feiert die 1972 von Ferdinand Alexander Porsche in Stuttgart gegrรผndete und mittlerweile in Ludwigsburg ansรคssige Uhrenmarke Porsche Design ihr 50-jรคhriges Bestehen. Und ich wรคre schon irgendwie enttรคuscht gewesen, wenn Porsche Design in diesem Rahmen keine originalgetreue Neuauflage des Modells Chronograph 1 lanciert hรคtte (das erste Modell von Porsche Design รผberhaupt). Und so kam es auch. Porsche Design ist dabei allerdings mit einer schwer nachvollziehbaren Modellpolitik und sonderbarer Preissetzung unterwegs…
Porsche Design Chronograph 1: Geschichtliche Einordnung
Zunรคchst ein paar Worte zur Historie: Der Porsche Design Chronograph 1 war anno 1972 nicht nur das allererste Modell der schwรคbischen Uhrenmarke. Charakteristisch fรผr den Porsche Design Chronograph 1, der damals von der Schweizer Orfina SA gebaut wurde, war insbesondere das mattschwarz-beschichtete und damit vรถllig reflexionsfreie Gehรคuse. Das Fachpublikum war dabei teilweise ziemlich kritisch โ ein Journalist schrieb sรผffisant: โDer Chronograph von Porsche Design ist nur auf einer Beerdigung tragbar [โฆ] Man mรถge sich bei Porsche auf den Bau von Automobilen konzentrierenโ.
Der Journalist wurde allerdings Lรผgen gestraft: Der Porsche Design Chronograph I kam bei Uhrenfreunden ziemlich gut an und wurde beachtliche 50.000 mal verkauft.
Auf der Grundlage des Erfolges wurde zunรคchst die NATO und spรคter auch die Bundeswehr auf den Chronograph 1 aufmerksam, woraufhin Kampfpiloten offiziell mit Varianten des Modells ausgestattet wurden. Kein Zufall: Hollywood-Star Tom Cruise in seiner Rolle als Kampfpilot Pete โMaverickโ Mitchell hat anno 1986 im Action-Klassiker Top Gun den Porsche Design Chronograph 1 fast durchgรคngig am Handgelenk gehabt (mehr รผber den Orfina Porsche Design Bundeswehr-Chrono hier).
Porsche Design Chronograph 1: Reissueยฒ im Jahre 2022
Wenig รผberraschend hat Porsche Design Anfang 2022 das 50-jรคhrige Jubilรคum zum Anlass genommen, um eine originalgetreue Neuauflage des Chronograph 1 mit leichtem Titangehรคuse und Titanband (natรผrlich schwarz beschichtet) auf den Markt zu bringen (ein sogenanntes Reissue). An Bord tickt das schick dekorierte Kaliber WERK 01.140 mit Chronographenkomplikation, Tag und Datumsanzeige, 48 Stunden Gangreserve, 28.800 bph und Chronometer-Zertifizierung von der COSC (Basis ETA 7750). Produziert wird die Uhr – wie seit 2014 alle Porsche Design-Uhren – bei der Porsche Design Timepieces AG im Schweizer Solothurn (daher auch das “Swiss Made”-Label).
Die Neuauflage des Chronograph 1 war – wie man es von vielen Uhrenherstellern ja mittlerweile leider gewohnt ist – stark limitiert, und zwar auf grade mal 500 Stรผck. Die Betonung liegt tatsรคchlich auf “war“, denn alle 500 Stรผck waren ratzfatz vergriffen (hinzu kommen +750 Stรผck einer Flyback-Variante, die allerdings Kรคufern eines Porsche 911 Targa fรผr rund 150.000 Flocken vorbehalten ist – das aber nur am Rande).
Einige Monate spรคter, Ende April 2022, war ich ziemlich รผberrascht รผber eine weitere Porsche Design-Pressemitteilung, die in mein Postfach flatterte: In der Email wurde der Porsche Design Chronograph 1 – All Black Numbered Edition angekรผndigt. Zunรคchst dachte ich, ich bin in einer Uhrennerd-Version von Und tรคglich grรผรt das Murmeltier gefangen.
In der Pressemitteilung heiรt es:
Porsche Design bringt mit dem Chronograph 1 โ All Black Numbered Edition den legendรคren Klassiker von 1972 zurรผck auf den Markt. Der in zahlreichen Details weiterentwickelte Chronograph 1 folgt auf den auf 500 Stรผck limitierten, bereits ausverkauften Chronograph 1 โ 1972 Limited Edition, welcher anlรคsslich des 50-jรคhrigen Jubilรคums von Porsche Design im Januar 2022 seine Wiederauflage erlebte. […]
Porsche Design-Pressemitteilung
Wer genau liest, stellt fest, dass hier nicht von einer weiteren Limited Edition, sondern von einer Numbered Edition die Rede ist. So richtig schlau daraus geworden bin ich aber immer noch nicht. Stellen wir also einfach mal die Bilder der Limited Edition (rechts) und der Numbered Edition (links) gegenรผber:
Wie man sieht… sieht man nicht viel. Der Unterschied in den Designs bewegt sich im homรถopathischen Bereich. Kleinere Unterschiede betreffen das Logo (retro bei der Limited vs. modern bei der Numbered) und die Skala auf der innenliegenden Lรผnette. Wer das Mikroskop rausholt, entdeckt auch, dass der Minutenzeiger eine leicht andere Form an der Spitze aufweist.
Vielleicht gibt es ja Unterschiede, die man nicht auf Anhieb sieht? Also stellte ich alle Eckdaten von den offiziellen Porsche Design Specification Sheets gegenรผber. Ich war mal so frei alle Unterschiede zu markieren:
Limited | Numbered | |
Im Verkauf ab | 18.01.22 | 01.11.2022 (vorbestellbar) |
Preis | 6972โฌ | 8950โฌ |
Limitierung | 500 Stรผck | 1000 Stรผck pro Jahr |
Referenz | 6041.7.01.001.01.5 | 6043.7.01.001.01.5 |
Gehรคuse | Titan mit Schwarzer Titancarbid-Beschichtung / glasperlgestrahlt | Titan mit Schwarzer Titancarbid-Beschichtung / glasperlgestrahlt |
Durchmesser/Hรถhe | 40,80 mm / 14,15 mm | 40,80 mm / 14,15 mm |
Krone | verschraubt | verschraubt |
Glas | Saphirglas mit Hartbeschichtung, kratzfest und beidseitig siebenfach entspiegelt | Saphirglas mit Hartbeschichtung, kratzfest und beidseitig siebenfach entspiegelt |
Gehรคuseboden | Geschlossener Boden aus Titan, verschraubt | Boden mit Saphirglas-Sichtfenster, verschraubt |
Wasserdicht | 10 bar | 10 bar |
Band | Titanband mit schwarzer Titancarbid-Beschichtung, Titan-Faltschlieรe | Titanband mit schwarzer Titancarbid-Beschichtung, Titan-Faltschlieรe |
Kaliber | Porsche Design Kaliber WERK 01.140, Chronograph, Tag und Datumsanzeige, COSC Zertifiziert, 48 Stunden Gangreserve, 28.800 bph (Basis: ETA 7750) | Porsche Design Kaliber WERK 01.140, Chronograph, Tag und Datumsanzeige, COSC Zertifiziert, 48 Stunden Gangreserve, 28.800 bph (Basis: ETA 7750) |
Hier auch noch die offiziellen Specification Sheets:
Gefunden! Der grรถรte Unterschied liegt in der Nutzung eines Saphirglasbodens bei der Numbered Edition, der nunmehr einen Blick auf das ansehnliche Kaliber ermรถglicht. Bei der Rรผckansicht (siehe unten) fรคllt auรerdem auf, dass das Band der Numbered Edition รผber ein werkzeugfreies Schnellwechselsystem demontiert werden kann. Um es auf den Punkt zu bringen: Glasboden und Schnellwechselsystem kosten Pi mal Daumen 2000โฌ, denn ansonsten sind in den Spezifikationen keinerlei Unterschiede auszumachen.
Ehrlich gesagt kann ich den Schachzug von Porsche Design nur schwer nachvollziehen: Erst bringt man 500 Stรผck eines (meiner Meinung nach durchaus gelungenen) Reissues auf den Markt, nur um dann ein paar Monate spรคter eine optisch und technisch fast identische Uhr anzubieten. Im Vorverkauf zur Lieferung in rund einem halben Jahr. Fรผr 2000โฌ Aufpreis.
Nun ist es ja vรถllig verstรคndlich, dass Porsche Design den Mythos des Chronograph 1 mรถglichst stark nutzen mรถchte, um Uhren zu verkaufen. Schlieรlich ist Porsche Design kein Wohlfahrtsverband. Und ja, es ist auch nicht unรผblich, dass auf eine Limited Edition ein nicht ganz unรคhnliches, unlimitiertes Serienmodell folgt.
Das Wie ist meiner Meinung nach aber – milde gesagt – als ungeschickt einzustufen: Man bekommt den Eindruck, dass Porsche Design vom eigenen Erfolg รผberrascht wurde (Verkauf aller 500 Stรผck der Limited Edition innerhalb kรผrzester Zeit) und daher schnell noch mal eine Edition nachgeschoben hat, die man zwar nicht “hart” limitieren, der man aber dennoch eine gewisse Exklusivitรคt durch kรผnstliche Verknappung mitgeben wollte (maximal 1000 Stรผck p.a.). Gleichzeitig wurde der Preis um fast 2000โฌ erhรถht ohne dabei nennenswerte “Gutsel” zu bieten (sorry, aber der Saphirglasboden und das Schnellwechselsystem sind einfach viel zu wenig, um den Aufpreis zu rechtfertigen). Die Botschaft, die bei mir ankommt: Die Limited Edition war viel zu gรผnstig kalkuliert, also wurde kurzerhand nachgebessert.
Das Vorgehen erinnert an Seiko und das Modell Alpinist, das in Form der auf 2020 Stรผck limitierten Referenz SPB199J1 “Mountain Glacier” weniger als ein halbes Jahr spรคter auch als Serienmodell (Ref. SPB197J1) kรคuflich erwerbbar war – in fast identischer Form. Damit hat sich Seiko keinen Gefallen getan wie man mit Blick auf die verรคrgerte Uhrencommunity zweifellos festhalten kann…
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Hi Mario, danke fรผr den objektiv kritischen Artikel. Der Preis dieser durchaus hรผbschen Uhr ist, mit Verlaub gesagt, ein Witz und verdeutlicht die Intention dieser Aktion: Abgreifen, wo abgegriffen werden kann. Mag sein, dass der ein oder andere gutsituierte Best-Ager mit 911er als Drittfahrzeug in der Garage diese Uhr zur Abrundung seiner โpersonal Identityโ benรถtigt, jeder normaldenkende Uhrenliebhaber dรผrfte abwinken. 500er Limitierungen sind eh Augenwischerei und der Marketinggag mit den 1000 jรคhrlich knapp auf den Markt geworfenen Exemplaren soll wohl an den Rolex Hype andocken (โฆ. der รผbrigens gerade abflacht, Datejust Stahlmodelle stehen wieder bei den Konzis im Fenster ohne das kleine Schildchen โunverkรคufliches Ausstellungsstรผckโ – die Sportmodelle werden folgen) Eine Sinn 144 ist definitiv die bessere Wahl. Gruร, Chris
Hallo Mario,
in Deinem Beitrag (den ich inhaltlich รผbrigens teile) hast Du nicht erwรคhnt, daร bereits 1998, als die Uhrenfirma ETERNA kurz zuvor von der Familie Porsche gekauft worden war, ein (Replika-)-Chronograph des ersten Porsche Design-Chronographen in schwarz auf der Basler Messe vorgestellt wurde und danach in den Verkauf kam.
Es war eine limitierte Auflage von 1998 Stรผck und jedes Exemplar hatte auf dem Gehรคuseboden die originale Unterschrift von F.A. Porsche (dem Schรถpfer dieser Uhr) eingraviert.
Dieser Chronograph war wie das Original Orfina-Exemplar in der gleichen Technik schwarz beschichtet und dem Original extrem รคhnlich – auf dem Zifferblatt war der originale Porsche Design-Schriftzug und “25 Years” sowie รผber dem Stundenzรคhler “Limited Edition”.
Insofern ist der derzeitige Chrono nicht “der Erste” nach 1972…..
Moin moin,
hier fehlt mir der Vergleich der Sinn 144 St.
Wรคre doch interessant, denn auch hier gibt es ja ein Jubilรคumsmodell.
Grรผรe
Norbert
Die schwarz beschichtete SINN 144 St S, welche derzeit nicht im Programm ist, besitzt ein Stahlgehรคuse, wohingegen PD nicht davor zurรผckschreckt auch Titan schwarz zu beschichten. SINN hat bis dato nie Titan schwarz beschichtet, weder einst chromatiert, noch heute mit einer PVD-Schicht รผberzogen. Einzige Ausnahme bildeten mW die schwarzen Drรผcker des EZM 10.
@Mario
Vermutlich trifft Deine Theorie voll ins Schwarze ๐