Der 2023 lancierte Nachfolger des B-42 Official Cosmonauts Chronographen, das Aushängeschild des traditionsreichen Grenchner Uhrenherstellers, wurde in Form der Fortis Novonaut dank einer designtechnisch weitgehend originalgetreuen Umsetzung bei gleichzeitiger technischer Modernisierung (Keramiklünette, Lumicast, „Space-proof“-Kaliber), von der Fangemeinde sehr gut angenommen. Dass die Grenchner also auf der Grundlage neue Varianten herausbringen, ist nur logisch – und die neue Titanium Legacy-Variante passt dabei auch thematisch perfekt. Schauen wir mal genauer hin…
Tipp: Bewegte Bilder zur Novonaut Titanium Legacy gibt es auch in unserem YouTube-Kanal:
Fortis Novonaut Titanium Legacy im Hands-On
Die neue Titanium Legacy-Variante der Novonaut kommt konkret mit einem bis beachtliche 20 bar wasserdichten Gehäuse aus Titan Grade 2, das neben Grade 5 zu den am häufigsten Titanlegierungen in der Herstellung von Uhren gehört.
Titan als Gehäusematerial passt zum einen perfekt zu einem Zeitmesser, der historisch betrachtet ein Instrument ist, denn die nüchternen Vorteile gegenüber Edelstahl sind vielzählig (Fortis wurde 1994 offizieller Ausrüster der ROSKOSMOS-Kosmonauten und der erste Fortis B-42 Cosmonauts Chronograph mit Lemania 5100-Automatikwerk wurde u.a. vom Kosmonauten Malentschenko, der Teil der EUROMIR 94-Crew war, während mehrerer EVAs getragen – darunter eine rund 6-stündige EVA zur Vorbereitung neuer Solarmodule).
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Titan wird dabei natürlich nicht nur im Bereich Uhren eingesetzt wird, sondern insbesondere auch in der Luft- und Raumfahrt. Ein entscheidender Vorteil von Titan ist seine hohe spezifische Festigkeit – das heißt, es bietet eine hohe Belastbarkeit bei gleichzeitig niedrigem Gewicht. Dies ist besonders wichtig in der Luft- und Raumfahrt, da eine Reduzierung des Gewichtes zu Kraftstoffeinsparungen führt und die Effizienz steigert. Gleichzeitig sorgt die Festigkeit von Titan dafür, dass kritische Bauteile wie Tragflächen, Fahrwerke und Fahrwerkshalterungen sicher und langlebig sind.
Dazu ein konkretes Beispiel: Das japanische Unternehmen ispace hat Ende 2022 den Mondlander „Hakuto-R“ mit einer Rakete vom Typ Falcon 9 des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX auf den Weg geschickt – und dessen Beine sind aus Titan gefertigt. Leichte und gleichzeitig belastbare Materialien wie Titan waren dabei erforderlich, damit die Landebeine dem Aufprall einer Mondlandung standhalten.
Was gut für einen Mondlander ist, kann auch für eine Uhr nicht so verkehrt sein: Dass Titanuhren deutlich leichter sind (Titan ca. 4,5 g/cm³ vs. 8,0 g/cm³ bei 316L), hat sich längst rumgesprochen und das zahlt natürlich auch auf den Tragekomfort ein, vor allem mit Blick auf die sportlichen Abmessungen der Novonaut: Mit einem Durchmesser von 42 mm (Horn-zu-Horn 51 mm) bei einer Höhe von knapp 15 mm und einer gewissen Kopflastigkeit wegen des „space proof“ Schaltrad-Chronographenkalibers WERK17 mit 60 Stunden Gangreserve von Manufacture La Joux-Perret macht sich der Gewichtsvorteil von Titan meiner Meinung nach entscheidend bemerkbar – zum Vergleich: Die Stahlvariante am haptisch ziemlich beeindruckenden „Block Bracelet“ kommt auf ein Kampfgewicht von fast 230 Gramm. Die Titanvariante am Block Bracelet aus Titan hingegen kommt auf nur circa 160 Gramm. Das ist ein Gewichtsunterschied, der sich im Tragealltag der Uhr, vor allem an heißen Sommertagen, definitiv stark bemerkbar macht. Apropos heiße Sommertage: Unverändert gegenüber der Stahlvariante ist (wenig überraschend), dass die Titanium Legacy ebenfalls mit einer werkzeugfreien Feinjustierungsmöglichkeit innerhalb der Schließe kommt.
Tipp: Video über das Fortis „Mirror Tool“ zum Bandkürzen.
Titan-Legierungen werden häufig nach dem US-amerikanischen Standard ASTM mit Grade 1 bis 35 charakterisiert. Grade 1 bis 4 bezeichnet Rein-Titan verschiedener Reinheitsgrade. Das Gehäuse der Fortis Novonaut ist konkret aus dem Alpha-Reintitan Grade 2, auch CP-Titan (Commerically Pure Titanium) genannt.
Titan Grade 2 besteht hauptsächlich aus reinem Titan mit geringen Mengen von Kohlenstoff, Stickstoff und dergleichen. Die genaue Zusammensetzung kann je nach Herstellungsprozess leicht variieren. Hier eine typische Zusammensetzung von Titan Grad 2 in Gewichtsprozent, bei der auch ziemlich schnell deutlich wird, warum man von „Reintitan“ spricht, denn die anderen Komponenten bewegen sich in ihrem relativen Anteil im homöopathischen Bereich:
- Titan (Ti): > 99,2%
- Kohlenstoff (C): max. 0,08%
- Sauerstoff (O): max. 0,25%
- Stickstoff (N): max. 0,03%
- Wasserstoff (H): max. 0,015%
- Eisen (Fe): max. 0,3%
Das für die Novonaut Titanium eingesetzte Titan Grad 2 ist gegenüber Titan Grad 5 zwar grundsätzlich etwas weicher (in etwa auf dem Niveau von Edelstahl), dafür aber allergikerfreundlicher, denn: Titan ist biokompatibel, das heißt, es ist gut mit biologischem Gewebe (sprich: u.a. mit der Haut) verträglich und wird daher von der Medizintechnik für künstliche Gelenke oder zahnärztliche Implantate verwendet. Dennoch hätte ich mir für die Novonaut Titanium das härtere Titan Grad 5 gewünscht – das hätte den Toolwatch-Charakter der Uhr einfach nochmal mal unterstrichen und hätte die Titanium Legacy-Variante für mich persönlich tatsächlich rundum perfekt gemacht. Übrigens: Die Optik von Titan unterscheidet sich leicht von Edelstahl – Titan wirkt dezent gräulich wie man unten in den Vergleichsbildern erkennen kann.
Unverändert ist auch die bidirektional drehbare, sogenannte „Sirius“-Lünette mit Keramikeinlage, die eine Countup-Skala beherbergt. Bei der Titanium Legacy-Variante kommt dabei dieselbe toolig-mattschwarze Keramik zum Einsatz wie bei der schwarzen Edelstahl-Variante. Die „glossy“ Lünetteneinlage der blauen Edelstahl-Variante hingegen unterscheidet sich hinsichtlich Optik deutlich (siehe Vergleichsbilder unten) – Geschmackssache!
Fortis hat aber nicht einfach nur die zwei Edelstahl-Serienmodelle mit blauem bzw. schwarzem Blatt in ein Titangehäuse verfrachtet, sondern dem Zifferblatt der Titanium Legacy auch ein kleines Facelift verpasst. Das Blatt ist erstmal grundsätzlich monochrom und hat nur innerhalb der kleinen Sekunde links einen Mini-Farbtupfer in Form eines roten Indizes auf „47“. Es handelt sich dabei um ein kleines „Easter Egg“: Die Zahl „13“ ist eine besondere Zahl für Fortis, da verschiedene geschichtliche Ereignisse auf diesen Tag gefallen sind. Deshalb ist diese Markierung, genau wie der Tag 13 im Datumsfenster, orange gehalten (47+13 = 60).
Für weitere dezente Farbakzente sorgen bei der neuen Titanium Legacy-Variante die Zeiger: Der zentrale Sekundenzähler und die Zeiger für 12-Stunden-Zähler und der 30-Minuten-Zähler sind „3N vergoldet“. Das bedeutet, dass eine feine Schicht Gold auf das Material aufgetragen wurde – typischerweise durch Galvanisierung oder PVD-Beschichtung. 3N steht dabei für eine Gelbgoldfarbe mit einem Feingehalt von etwa 75% Gold (18 Karat), also eine warme, klassische Goldoptik, die nicht zu rötlich oder zu blass wirkt. Praktisch braucht man keine Angst zu haben, dass das Gold für viel Blingbling oder dergleichen sorgt – der Effekt ist sehr sehr dezent, sorgt aber gleichzeitig für guten Kontrast. Fun Fact am Rande: In der Raumfahrt wird die Temperaturregelung unter anderem passiv mit Hilfe von Hitzeschilden in Form von Goldfolien umgesetzt.
Unverändert bei der Titanium Legacy-Variante ist auch die Verwendung von Lumicast anstelle klassisch gedruckter Super-LumiNova für die Stundenziffern: Mit Lumicast hat die Schweizer RC Tritec zusammen mit Les Cadraniers de Genève ein Verfahren entwickelt, mit dem hybridkeramische Gussteile in beliebigen Dimensionen aus Swiss Super-LumiNova hergestellt werden können. Die hohe Konzentration an nachleuchtenden Pigmenten ermöglicht dabei laut RC Tritec eine maximale Leuchtkraft. Aber auch im Hellen bin ich persönlich ein Fan von Lumicast, denn dadurch wirkt das Zifferblatt einfach noch ein Stück plastischer und hochwertiger als bei „platt gedruckten“ Ziffern.
Abschließende Gedanken
Die Fortis Novonaut Titanium Legacy ist eine logische Ergänzung zu den Edelstahlmodellen: Titan passt nicht nur thematisch hervorragend, auch das deutlich geringere Gewicht macht sich bei der sportlich dimensionierten Novonaut stark bemerkbar. Die Novonaut Titanium Legacy ist meiner Meinung nach die bisher beste Novonaut. Und dennoch hätte ich mir – wie bereits erwähnt – das härtere Titan Grad 5 gewünscht, denn das hätte den Toolwatch-Charakter der Uhr einfach noch mal unterstrichen und das hätte der preisliche Aufschlag gegenüber der Edelstahlvariante (+850€) meiner Meinung nach auch durchaus hergeben dürfen.
Mehr Informationen zur Historie der Fortis Novonaut gibt es im Artikel zum Basismodell aus Edelstahl: Fortis Novonaut N-42 Legacy Edition und Cobalt Blue im Test – ein würdiger Nachfolger?
Eckdaten Fortis Novonaut Titanium Legacy (F2040017):
- Swiss Made
- Gehäuse aus Titan Grad 2
- Durchmesser 42 mm
- Horn-zu-Horn 51 mm
- Höhe 15 mm
- Wasserdichtigkeit 200 Meter / 20 bar
- Beidseitig drehbare „Sirius“-Lünette mit Keramik-Einlage
- Saphirglas mit beidseitiger Entspiegelungsschicht
- Krone verschraubt mit dreifachem Dichtungssystem
- Automatisches Schaltradkaliber WERK17, Gangreserve 60 Stunden, Datum „13“ in „Berlac Fluor Orange“
- Zeiger teilweise 3N vergoldet
- Super-LumiNova X1, Lumicast-Ziffern
- Band aus Titan (Block Bracelet) oder Hybrid Strap (aus FKM und Gewebe)
- Preis: 5800€, direkt über Fortis oder im Fachhandel
Tipp: Bewegte Bilder zur Novonaut Titanium Legacy gibt es auch in unserem YouTube-Kanal:
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Für den Preis hätte man die Zeiger auch in Gold fertigen können, anstatt nur zu vergolden.
Neue Hi-Tech Materialien ermöglichen entsprechende Preise, zumindest beim Traum zur Realisierung eben solcher Preisvorstellungen.
Was ist denn nun mit dem Werk und seiner Präzision, sollte das nicht besser sein als es der COSC Standard fordert?
Ein Rekord, 27 Gramm beim Gehäuse ggü. der Stahlvariante einzusparen?
für mich passt auch immer noch nicht das „toolige“ Firmenlogo, neben der völlig überzogenen Preispolitik mit Weltraumcharakter.
Immernoch zu groß für mein Zwergenhandgelenk, aber wenigstens reduziert sich die Gefahr eines Haltungsschadens deutlich!
Schicke Uhr.
Warum hat Fortis eigentlich ein so, na sagen wir „zwiespältiges Image“? Kollektive Unterbewusstseinshysterie? Oder hatten die mal (wie Panerai) eine sehr zweifelhafte Qualitätsphase?
Hi Cord,
Fortis hat vor einigen Jahren mit der Übernahme durch Jupp durchaus deutlich den Kurs gewechselt – preislich, aber auch qualitativ (nun meiner Meinung nach merkbar höher). Ich glaube der Schwenk war unvermeidbar, aber Preiserhöhungen gefallen naturgemäß nicht jedem 🙂
Grüße
Mario