Bicolor-Uhren sind echte Spalter: Love it or hate it lautet die Devise. Spätestens seit der Lancierung von Modellen wie dem Tudor Black Bay Chrono S&G, der Rolex Explorer I mit 36 mm Durchmesser oder dem Breitling Chronomat B01 muss man aber auch als hartgesottener Bicolor-Feind zugeben, dass es für Uhren-Modelle mit einem Materialmix aus (in der Regel) Stahl und Gold eine beachtliche Fangemeinde gibt. Ein guter Grund, um ein bisschen in die Geschichte dieser Uhren und einige spannender Modelle einzutauchen. Gehen wir daher zunächst noch mal einige Jahrzehnte zurück…




Geschichtlicher Abriss zu Bicolor-Uhren von Rolex & Co. – die Anfänge
Die quadratischen Rolex Prince-Modelle „Brancard“, „Tiger Stripe“ und „Railway“ aus den 1920er Jahren gehörten zu den ersten Bicolor-Uhren überhaupt. Charakteristisch: ihre langen, rechteckigen Gehäuse.
Die Designmerkmale dieser Modelle waren bezeichnend für die damalige Zeit: Tatsächlich sorgten die Goldenen Zwanziger für Umbrüche in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens und um dem zunehmend schillernden Lebensstil gerecht zu werden, brachte Rolex Goldfarben ein und verlieh seinen Designs so einen zusätzlichen Hauch von Luxus.
Diese Modelle verwendeten verschiedene Goldtöne, wobei Gelb- und Roségold zunächst mit Weißgold kombiniert wurden, d.h. anstelle der heute beliebteren Kombination aus Gold und Stahl wurden bei diesen Gehäusen zwei verschiedene Goldfarben kombiniert. Zur zeitlichen Einordnung sei betont, dass all dies vor der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg erfolgt. Rund um die Jahre der Weltwirtschaftskrise (30er Jahre) und des Zweiten Weltkriegs sehen wir nämlich wie die Verwendung von Weißgold in zweifarbigen Ausführungen verschwindet und durch den funktionaleren Edelstahl ersetzt wird.
Eines der charakteristischsten Rolex-Modelle war die Referenz 971 in „Tigerstreifen“-Optik. Dieser eher exotisch klingende Name bezog sich auf die abwechselnden Gelb- und Weißgoldstreifen, die sich über die gesamte Länge der Uhr erstreckten. Auch die Bandanstöße waren aus Weißgold.

So richtig Schwung in das Bicolor-Thema kam aber erst in den 1940er Jahren als auch viele weitere Schweizer Uhrenmarken damit begonnen haben Bicolor-Uhren zu lancieren, um eine Zielgruppe anzusprechen, die den luxuriösen Eindruck von Gold mit der Robustheit von Edelstahl kombinieren wollte.

Auch Vacheron Constantin war in den 1930er und 1940er Jahren bei diesem Trend dabei, insbesondere mit seinen Chronographen wie der Referenz 4072, bei dem das Hauptgehäuse aus Edelstahl und die Bandanstöße, die Krone und die Drücker aus Roségold bestehen und so gegenüber den Edelstahlvarianten eine markantere Präsenz bekommen.
Diese Chronographen wurden allerdings nie in großen Stückzahlen hergestellt und die zweifarbigen Versionen machten schätzungsweise nur rund 10 Prozent der Gesamtproduktion aus.

Bicolor in den 70ern: Die Rolex Root Beer
Zweifarbige Uhren wurden auch in den folgenden Jahrzehnten weiterhin produziert, doch erst in den 1970er und 1980er Jahren erlebten sie ihren Höhepunkt und einen enormen Popularitätsanstieg.
1970 stellte Rolex die Referenz 1675/3 in Edelstahl und 14-karätigem Gold vor – die erste zweifarbige GMT-Master. Das Modell wurde parallel zur Referenz 1675 in Edelstahl oder Vollgold angeboten. In Bezug auf Farbgebung und Gesamterscheinung ähnelt die zweifarbige Version eher der Vollgold- als der Edelstahlversion: Während die Variante mit Pepsi-Lünette eine zeitlose Klarheit aufweist, sind sowohl die Vollgold- als auch die Bicolor-1675 tief im Stil der 70er Jahre verwurzelt. Die goldene Lünette war mit einem braun-goldenen Lünetten-Einsatz versehen, der ihr den Spitznamen „Root Beer“ einbrachte. Aber auch der Spitzname „Tiger Eye“ ist gängig. Die 1675/3 blieb bis 1980 in Produktion. Unten im Bild sehen wir eine besonders seltene Root Beer aus 1979, die für das UAE Ministry of Defense produziert wurde. Über das Auktionshaus Phillips fand die Uhr für 112.000 CHF anno 2017 einen neuen Eigentümer.

Die Attraktivität der Rolex GMT-Master Root Beer wurde durch ihre Verbindung mit prominenten Persönlichkeiten zusätzlich verstärkt. Clint Eastwood wurde beispielsweise bereits mit dieser markanten Uhr gesichtet – und zwar mehrfach: In „Firefox“ spielt er den Piloten Mitchell Gant – angesichts der Figur und der Geschichte der GMT Master als Fliegeruhr passt die GMT Master perfekt. Der nächste Auftritt ist in „Tightrope“ von 1984. Hier spielt Eastwood den Detektiv Wes Block, der im Film einen Serienmörder verfolgt. „In the Line of Fire“ von 1993 spielt Eastwood erneut einen Polizisten, Frank Horrigan, der seine treue Root Beer Rolex immer dabei hat.

2006 stellte Rolex die Produktion der Bicolor-GMT-Master ein – sehr zum Unmut vieler Uhrenfreunde. Doch 2018 erfolgte das Comeback: Rolex belebte die Root Beer-Farbgebung mit der Referenz 126711CHNR wieder – dieses mal mit Everose-Gold-Elementen, also der hauseigenen 18-Karat-Roségoldlegierung.


Bicolor in den 80ern
In den 80er Jahren, die bekanntermaßen nicht grade von Understatement geprägt waren, setzte sich der Mix aus Gold und Stahl bei Uhren endgültig durch. Denn nicht jeder war bereit für Vollgold-Uhren, die damals oftmals mit dem Ruhestand assoziiert wurden. Denn es gab sie damals gar nicht so selten: die Menschen, die einem Arbeitgeber (fast) ihr ganzes Leben lang treu blieben – bis zum Ruhestand – und dafür zum Dank eine goldene Uhr erhielten.


Filmfreunde aufgepasst: Christian Bale in seiner Rolle als Patrick Bateman als fiktiver geisteskranker Wall Street-Investmentbanker American Psycho sollte eigentlich die Rolex Datejust Bicolor tragen, was auch hervorragend zu seiner Rolle gepasst hätte (kultig: „Don’t touch the watch!„). Warum “hätte”? Nun, da Rolex nicht mit einem blutrünstigen Killer (wenn auch fiktiv) in Verbindung gebracht werden wollte, wurde die Rolex Datejust kurzerhand gegen eine Seiko 5 Bicolor ausgetauscht, was man bei genauem Hinsehen an der “hängenden” Krone erkennen kann (siehe Bild unten). Interessant: In der Buchvorlage von Bret Easton Ellis trägt Bateman definitiv eine Rolex („Don’t touch the Rolex!„).

American Psycho spielt im New York der 80er Jahre und, dass es in jedem Fall eine Bicolor-Uhr am Handgelenk von Christian Bale sein sollte, ist natürlich kein Zufall: Ab den 70er und 80er Jahren trauten sich zunehmend viele Hersteller, darunter auch Patek Philippe und Audemars Piguet, mit Gérald Genta‘schen Bicolor-Uhren aus der Deckung.
Das Bild des wohlhabenden Geschäftsmannes der 80er Jahre mit einer zweifarbigen Uhr wird auch durch Richard Geres Darstellung des reichen Playboys Edward Lewis in Pretty Woman manifestiert – eine Rolex Datejust am Jubilee-Band.

Auch im Undercover-Polizeidrama Miami Vice wird die farbenfrohe, prunkvolle Welt dieser Zeit durch Bicolor betont: Das Bild unten von Don Johnson stammt aus einer späteren Staffel von „Miami Vice“. Don Johnsons Charakter trägt hier eine Ray-Ban Wayfarer-Sonnenbrille und eine zweifarbige Rolex Datejust.

Interessant ist beispielsweise auch, dass die Audemars Piguet Royal Oak und die Patek Philippe Nautilus, beide ursprünglich als Luxus-Sportuhren aus Stahl konzipiert, auch in Gelbgold und zweifarbig angeboten wurden, um dem damaligen Geschmack besser zu entsprechen.
Spannend war auch damals die Preisgestaltung: Die deutsche Preisliste von Patek Philippe aus dem Jahre 1982 zeigt für die Stahl-Referenz der Nautilus 3800/1A einen Preis von 7.500 DM, während das Bicolor-Pendant 3800/1AJ mit 15.150 DM doppelt so teuer war. Die Vollgoldvariante 3800/1J lag nochmals beim Doppelten, und zwar bei 29.950 DM.

Bicolor-Uhren heute
In den 90ern kamen Bicolor-Uhren aber wieder zunehmend aus der Mode: Minimalistische Designs und der „Understatement“-Luxus wurden populärer.
Heute feiern Bicolor-Uhren in allen Preisklassen ein Comeback. Insbesondere Luxusuhrenhersteller wie Rolex haben heute entsprechende Modelle im Sortiment – so wie die Rolex Sea-Dweller 126603, die mit Rolesor gelb, einer Kombination aus Oystersteel und massivem 18k-Gelbgold, kommt. [Achtung, Werbung in eigener Sache 😉 ] Kleinere, unabhängige Hersteller und Microbrands ziehen da oftmals mit – so wie Steinhart mit der Ocean One Vintage two-tone Taucheruhr…

… oder Titoni mit der Seascoper 300 Bicolor:

In der Regel wird Gold heute bei Bicolor-Uhren relativ sparsam verwendet, beispielsweise bei der Krone oder den mittleren Gliedern des Armbands, um die Form zu akzentuieren, während der Löwenanteil der Uhr aus einem hellen Metall, in der Regel Edelstahl, besteht.
So finden wir beispielsweise bei der Rolex Sea-Dweller 126603 das 18-Karat-Gelbgold bei den Markierungen der Cerachrom-Lünette, der Lünette selbst, den Mittelgliedern des Armbands, der Krone, und den Zeigern. Auch die Modellbezeichnung „Sea-Dweller“ ist in Gelbgold gedruckt, um das Gesamtbild zu unterstreichen. Alles in allem hat die Sea-Dweller als Bicolor-Variante eine enorme Präsenz. Technisch ist das Modell übrigens (wenig überraschend) identisch mit der Stahl-Variante und verfügt über das Manufakturkaliber 3235 mit 70 Stunden Gangreserve von Rolex mit verbessertem Schutz vor Magnetismus dank Parachrom-Spirale.












Der „dosierte“ Einsatz von Goldelementen ist auch bei der Rolex Daytona 116503 [Achtung, Werbung in eigener Sache 😉 ] nicht anders: Die zweifarbige Daytona verfügt über das klassische 40-mm-Oyster-Gehäuse mit einer verschraubten Triplock-Krone, verschraubten Drückern (jeweils aus Gelbgold) und einer Wasserdichtigkeit bis 100 Meter/330 Fuß. Charakteristisch: ein leuchtend rotes Daytona-Logo, das sich um das Hilfszifferblatt über 6 Uhr schwingt.
Einen wesentlichen Beitrag zum Bicolor-Look leistet auch bei diesem Modell das Stahlband im klassischen Oyster-Stil, das im Mittelteil ebenfalls aus massivem Gelbgold besteht.
Die Daytona Ref. 116503 verfügt, wie der Vorgänger Daytona Ref. 116523, über das gleiche hauseigene Kaliber 4130 mit Automatikaufzug und 72 Stunden Gangreserve sowie Parachrom-Unruhspiralfeder.










Abschließende Gedanken
Natürlich hat es keinen funktionalen Vorteil, wenn gewisse Teile einer Uhr aus Goldelementen bestehen – es geht hier rein um die Optik, die sicherlich nicht so „massenkompatibel“ ist wie bei reinen Stahluhren. Die Bicolor-Varianten vieler heutiger Modelle wie beispielsweise die gezeigte Sea-Dweller oder Daytona hinterlassen in der Summe einen ganz anderen, deutlich dressigeren Eindruck als das „normale“ Stahl-Pendant.
Einer der manchmal von Uhrenfreunden genannte Kritikpunkte an Bicolor-Uhren ist, dass diese schwierig mit dem Outfit zu kombinieren sind. Allerdings kann man auch dagegen argumentieren, dass genau das Gegenteil der Fall ist, denn Bicolor passt beispielsweise sowohl zu goldfarbenen als auch zu Edelstahlschnallen von Gürteln oder Gold/Stahl-Ringen, da beide Farben in einer Uhr vereint sind.
Kurzum: Bicolor-Uhren sind für viele Uhrenfreunde ein guter Mittelweg zwischen klassischen Stahluhren und Vollgolduhren.
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