Fortsetzung folgt: Dass Sternglas nach der schon lange restlos ausverkauften Marus irgendwann noch mal nachlegt, war wohl nur eine Frage der Zeit. Und nun anno 2025 ist es soweit: Die Bauhaus-Taucheruhr feiert ein Wiedersehen mit zwei gänzlich überarbeiteten Versionen, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Einerseits finden wir bei der neuen Marus ein klassisch-tiefschwarzes Zifferblatt vor, das mit gezielten Farbakzenten in Rot und Hellblau, inspiriert vom Bauhaus-Gedanken, kommt sowie eine Bronze-Variante. Und wer Sternglas kennt, weiß, dass der federführende Designer Keyvan (den wir auch kürzlich bei uns im Livestream begrüßen durften) für eigenständige Gestaltung steht. Das schauen wir uns natürlich genauer an.

Eckdaten Sternglas Marus:
- Durchmesser 42 mm
- Horn-zu-Horn 49,5 mm
- Höhe 12 mm (ohne Glas)
- Bandanstoß 20 mm
- Gewicht Uhrenkopf 83 Gramm, Stahlband +97 Gramm
- Wasserdichtigkeit 20 bar
- Saphirglas, doppelt gewölbt, doppelt entspiegelt
- Gehäuse aus 316L Edelstahl, poliert und gebürstet
- Boden 316L Edelstahl, geschraubt
- Krone verschraubt
- Seiko TMI NH35, -20/+40 Sek/Tag, 42 Stunden Gangreserve, 21.600 bph
- LumiNova auf Zeiger, Zifferblatt und Lünette
- Aluminium Lünette
- integriertes Stahlband mit Schnellwechsel- und Schnellkürzungssystem,
- Launch-Preis / regulärer Preis: ab 519 / 549 €, direkt über Sternglas.de oder viele Fachhändler


Tipp: Das Review gibt es auch bei uns im YouTube-Kanal:
Sternglas Marus 2.0
Im klassischen Bauhaus-Verständnis, an dem sich Sternglas seit je her orientiert, ist Farbe kein Selbstzweck, sondern ein funktionales Gestaltungselement. Der berühmte Bauhaus-Lehrer Johannes Itten sah Farben als Träger von Emotionen und Orientierung – und entwickelte ein Farbsystem, das noch heute Designstudierenden den Kopf rauchen lässt (Farbkreis nach Itten). Die Reduktion auf Primärfarben (Rot, Blau, Gelb) war dabei nicht nur eine ästhetische Entscheidung, sondern Ausdruck des radikalen Bauhaus-Prinzips: Form folgt Funktion. In der Architektur wie im Produktdesign wurden Farben eingesetzt, um Strukturen zu gliedern, Orientierung zu geben und wichtige Elemente hervorzuheben.

Ein Paradebeispiel: Das Bauhaus-Gebäude in Dessau von Walter Gropius. Die Farbgebung wurde hier als ein wichtiger Bestandteil der Gebäudekonzeption entwickelt, sie dient der Orientierung im Gebäude, betont die Gliederung der Architektur bzw. setzt sich an anderen Stellen darüber hinweg und lässt eigene Farbräume entstehen. Unterstützt wird die Farbwirkung ferner durch die unterschiedliche Materialität und Struktur der Oberflächen.



Genau diese Denkweise überträgt Sternglas auf die neue Marus und genau die drei Primärfarben (Rot, Blau, Gelb) finden wir auch bei der Edelstahlvariante: Die farblich abgesetzten Sekundenzeiger (leuchtend Rot), die orange-gelben Leuchtpunkte in Verlängerung zu den rechteckigen, fetten Stundenindizes sowie die hellblauen Stunden-/Minutenzeiger sind nicht nur ein farblicher Kontrast zum ansonsten monochromen Zifferblatt, sondern dienen der schnellen Ablesbarkeit – dafür sorgt auch (gegenüber der ersten Marus), dass die Zeiger deutlich vergrößert wurden und sich nun hinsichtlich der Länge deutlich besser unterscheiden.
Die Kombination aus schwarzem Zifferblatt und farbigem Akzent schafft also nicht nur eine eigenständige Identität, sondern erfüllt – ganz im Sinne der Bauhaus-Lehre – einen konkreten Zweck. Übrigens macht die Marus auch im Dunkeln eine sehr gute Figur – mit ordentlich Leuchtkraft, wie es sich für einen Diver gehört.


Bei der Bronze-Variante hält sich Sternglas allerdings mit den Farben deutlich zurück – nur Orange-Gelb auf dem Sekundenzeiger und den Leuchtpunkten sind hier zu finden. Gut so, denn alles andere wäre dann wohl auch a bissla too much gewesen (dazu gleich mehr).


Das Gehäuse besteht aus 316L-Edelstahl, teils poliert, teils fein gebürstet. Die Wasserdichtigkeit des Gehäuses ist mit 200 Metern bzw. 20 bar standesgemäß für einen Diver, der auch für professionelle Tauchausflüge genutzt werden darf. Ich habe die Marus in dem Sinne in meinem Wasserdichtigkeitsprüfgerät der Marke Eigenbau „gequält“: Ich habe den Druck in einem mit Wasser gefüllten Zylinder sogar auf kühne 50 bar hochgeschraubt und für circa 20 Minuten gehalten.


Danach habe ich die Marus wieder aus ihrem nassen Gefängnis befreit – und die Uhr hat es klaglos überstanden. Auch den Kondenswassertest, den ich anschließend durchgeführt habe (Uhr erhitzen und dann ein nass-kaltes Zewa auf die Uhr legen), um sicherzugehen, dass sich auch wirklich keine Kleinstmengen Wasser in die Uhr gedrückt haben, hat die Marus überstanden. Daumen hoch!



Neben der Edelstahlvariante bietet Sternglas eine Variante in nostalgisch-maritimer Bronzeoptik mit farblich hervorragend passendem, satt-dunkelgrünem Zifferblatt. Genau wie bei den Modellen aus der Hamburg- und der Naos-Linie setzt Sternglas nicht etwa auf Vollbronze (also eine Legierung aus Kupfer und Zinn), sondern auf ein Edelstahlgehäuse, das bronzefarben PVD-beschichtet ist (physikalische Gasphasenabscheidung; englisch: Physical Vapour Deposition, kurz PVD). Dafür wird im Hochvakuum mittels Verdampfung und anschließender Kondensation des verwendeten Materials (also hier eine Bronzefarbe) eine Schicht auf eine Oberfläche (also auf das Uhrengehäuse) aufgetragen.
Neben einer hohen Härte (rund 2000 Härte nach Vickers, kurz HV) bieten solche PVD-Beschichtungen auch eine sehr gute Kratz- und Verschleißfestigkeit – deutlich mehr als das bei Edelstahl der Fall ist (knapp über 200 HV). Dennoch bleibt Beschichtung nun mal Beschichtung: Bei sehr groben Stößen kann im ungünstigen Fall das darunterliegende Edelstahl durchschimmern.

Man beachte: Im Gegensatz zu Vollbronze-Gehäusen setzen bronzefarben PVD-beschichtete Gehäuse wie bei der Sternglas Marus keine Patina an und sind quasi „farbecht“. Ob man das nun für sich persönlich als Vor- oder Nachteil betrachtet, ist reine Geschmackssache – bevor man sich aber natürlich eine Vollbronze-Uhr anschafft, die man dann regelmäßig von Patina befreit, um die „cleane“ Optik zu bewahren (z.B. mit Hausmitteln wie Essig), ist eine Bronzefarben-beschichtete Uhr sicherlich die sinnvollere Wahl.




Beide Modelle gemeinsam haben eine verschraubte Krone, die schön griffig ist und mit einer einfachen, aber intuitiven Idee kommt, die ebenfalls den Bauhaus-Gedanken zur funktionalen Nutzung von Farben aufgreift: ein roter Sicherheitsindikator am Gewinde zeigt, wenn sie nicht richtig verschraubt ist – warum hat das eigentlich nicht jede Taucheruhr?! Denn: Uhrmacher Leon, mit dem ich ja gemeinsam die Livestreams mache und der den Technikbereich in diesem Blog mit Leben füllt, betont ja immer wieder, dass eine nicht korrekt verschraubte Krone eines der Hauptprobleme für Wassereintritt in Uhren ist. Man beachte allerdings, dass bei der Bronze-Variante der Signalring den gelb-orangen Farbton der Zeiger aufgreift – und der Kontrast der Farbe zur Bronze ist naturgemäß nicht so hoch wie rot zu Edelstahl, weshalb der Nutzen hier ein Stück weit geringer ist.


Die Lünette ist funktional ein Fortschritt zum Vorgänger: breiter, griffiger, mit größeren Ziffern – und kräftig nachleuchtend mit japanischer LumiNova, deren chemische Zusammensetzung der von Super-LumiNova entspricht. Wenig überraschend ist sie auch einseitig drehbar mit 120 Klicks – und das angenehm satt und auch gut mit feuchten Händen (durch die Begrenzung auf eine Drehrichtung – gegen den Uhrzeigersinn – wird verhindert, dass sich die Tauchzeit versehentlich verlängert – ein klassisch-historisches Sicherheitsmerkmal, das auch heute noch zu den Merkmalen einer echten Taucheruhr gehört).
Erwähnenswert: Es ist zwar kein Beinbruch, aber durchaus ein nennenswerter Wermutstropfen, dass Sternglas statt der Keramikeinlage bei der ersten Marus nun Aluminium einsetzt, das naturgemäß empfänglicher für Kratzer ist.


Mit 42 mm Durchmesser und 12 mm Höhe (ohne Glas) ist die neue Marus auf den ersten Blick in etwa auf dem Größenniveau wie die erste Marus und auf dem Papier deutlich sportlicher unterwegs als viele andere Sternglas-Modelle, die sich meistens unter der 40 mm-Durchmesser-Marke verorten (so wie die neue Sternglas Naos Pro True GMT). Aber (und das ist ein wichtiger Aspekt bei der Betrachtung der Maße): Die deutlich verkürzte Hornlänge (49,5 mm Horn-zu-Horn gegenüber knapp 54 mm bei der alten Marus) und der ergonomische Gehäuseverlauf lassen sie am Handgelenk sehr ausgewogen wirken – selbst an schmaleren Flossen.


Die Marus 2.0 kommt mit gleich vier Bandoptionen: Ein integriertes Edelstahlband mit Schnellkürz- und Wechselsystem (auch erhältlich mit Bronze-PVD-Beschichtung), ein klassisches Kautschukband, ein NATO Strap und – ganz neu – ein Hybridband aus vollnarbigem (glattem) Kalbsleder und Silikon. Letzteres klingt irgendwie nach Stilbruch (und auch ich persönlich würde eher ungern ein Leder an einen Diver schnallen). Aber: Das äußere Kalbsleder wurde wasserabweisend behandelt. Auf der Innenseite befindet sich wiederum Silikon, das Temperaturen im Bereich von -60 °C bis +230 °C standhält. Das Material ist laut Sternglas außerdem UV-beständig. Gut: Silikon gilt im Allgemeinen gut hautverträglich und wird oft in Hautpflegeprodukten und medizinischen Anwendungen verwendet. Auch gut: Das Band ist absolut geruchsneutral und sehr biegsam bzw. flexibel und damit top hinsichtlich Tragekomfort. Es lässt sich außerdem mühelos reinigen, was ich insbesondere im Sommer begrüße (Schweiß!). Alles in allem erinnert mich das Band etwas an die HIRSCH Performance-Bänder, von denen ich ein großer Fan bin.
Der Bandwechsel funktioniert bei allen Bandvarianten ohne Werkzeug über Schnellwechselfederstege mit kleinen herausstehenden Pins. Auch das Kürzen des Stahlbandes im Oyster-Stil mit dreireihigen Gliedelementen ist so einfach, dass das im Prinzip jeder zu Hause in Eigenregie hinbekommt: Einfach das mit dem Pfeil markierte Außenelement anheben, dieses dann hochklappen und die Glieder zur Seite wegziehen (genau wie bei der Sternglas Merion). Gut: Dadurch, dass das herausziehbare Außenelement durch einen Federmechanismus relativ kräftig am Band sitzt und dieses aktiv hochgeklappt werden muss, geht die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Band beim Tragen versehentlich öffnet meiner Meinung nach gegen Null – selbst dann, wenn man mal irgendwo unglücklich hängen bleiben sollte oder dergleichen.

Schade: Die Schließe kommt ganz „old school“ mit seitlichen Bohrungen zwecks Feinjustierung – das heißt, man benötigt ein Werkzeug oder mit etwas Geschick tut es auch eine Büroklammer. Bitte versteht mich nicht falsch: Das lösbare Stiftsystem ist eine wirklich feine und pfiffige Lösung, allerdings kürzt man das Band in der Regel wohl höchstens zwei mal im Jahr (also im Sommer und im Winter, um dem im Durchschnitt größeren bzw. kleineren Handgelenkumfang wegen der Temperaturen gerecht zu werden). Natürlich kann man das Band auch gut kürzen, wenn man unterwegs ist, aber man wird wohl eher selten einfach so Ersatzbandglieder dabei haben, wenn man das Band verlängern will. Hier wäre der Nutzen einer werkzeugfreien „on the fly“-Feinjustierung in der Schließe in Kombination mit dem Kürzungsmechanismus perfekt gewesen – schade!



Innen tickt das bewährte Seiko NH35 – das ist sicherlich kein High-End-Kaliber, aber dafür zuverlässig, günstig im Service und im Fall der Fälle einfach ersetzbar. Dennoch ist es schade, dass Sternglas hier nicht wie bei der zuletzt lancierten Sternglas True GMT auf die (nüchtern betrachtet überlegene) 9000er-Basis von Citizen-Miyota setzt.
Das NH35 kommt per Spezifikation mit -20/+40 Sekunden pro Tag – das sind auf dem Papier alles andere als spektakuläre Gangwerte, die Ganggenauigkeitsfans wohl eher nicht hinter dem Ofen hervorlocken. Andererseits läuft das NH35 meiner Erfahrung nach praktisch und im Durchschnitt in aller Regel mit recht ordentlicher Ganggenauigkeit. Dafür spricht auch die Messung bei den mir vorliegenden Marus-Uhren mit +1 und -6 Sekunden pro Tag.
Schön übrigens auch: Die Schrift auf der Datumsscheibe wurde merkbar vergrößert – optisch dennoch dezent, aber im Alltag noch einen Tick angenehmer zu lesen. Die Datumsscheibe ist dabei farblich nicht – wie bei Sternglas sonst üblich – auf die Zifferblattfarben (grün, schwarz) angepasst, was bei der neuen Marus aber absolut Sinn ergibt, da das Weiß der Datumsscheibe inklusive der weißen Umrandung des Datumsfensters den weißen Leuchtindex in zentraler „6 Uhr“-Position quasi fortführt.



Abschließende Gedanken
Ja, es ist natürlich schon ein Stück weit ein unfairer Vergleich. Aber: Die Marus 2.0 bringt ein Design im Bauhaus-Dunstkreis mit, das beispielsweise auch NOMOS gut stehen würde, denn die Glashütter sind im Bereich Taucheruhren bisher erstaunlich zögerlich unterwegs und manchmal doch etwas zu sehr auf die Tangente-Modellreihe fokussiert (und das sage ich als großer Fan der Marke NOMOS). Dass farbenfrohe Elemente im Sinne des Bauhaus-Gedankens und professionelle Eigenschaften eines Divers aber zusammenpassen können – dafür liefert die neue Marus absolut den Beweis.
Alles in allem bekommt man mit der neuen Marus eine durchdachte, eigenständig gestaltete Taucheruhr fernab der „Rolex-Klonerei“ mit großem Spaßfaktor zu einem durchaus angenehmen Preis (519 Euro zum Launch, später 549 Euro).




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Hallo zusammen,
bei der Marus 2 stört mich die Lünette. Ich finde sie zu präsent.
Beste Grüße
Georg