Wie die Schweizer Handelszeitung berichtet, soll das für 2017 vorgesehene neue “Swissness”-Gesetz einige Ausnahmeregelungen für die Uhrenindustrie enthalten.
Was bedeutet das für das imageträchtige “Swiss Made”?
Was sind Swiss Made Uhren?
Ab Januar 2017 soll generell gelten, dass mindestens 60% der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen müssen, um ein Produkt “Swiss Made” taufen zu dürfen. Bisher lag die Grenze bei 50%. Für die neue Grenze hat sich damals ein großer Teil der Uhrenindustrie stark gemacht, um die Schweizer (Uhren-)Industrie vor ausländischen Trittbrettfahrern zu schützen.
Diesen Schutz zu verstärken klingt logisch, ist es doch so, dass die Preisprämie für Schweizer Uhren zwischen 20 und 50% beträgt. Hersteller, die versuchen mit möglichst wenig Aufwand diese Preisprämie aufzuschlagen, sollten es dadurch schwerer haben.
Die neuen „Swissness“-Kriterien stärken den Schutz der Herkunftsbezeichnung „Schweiz“ und des Schweizerkreuzes im Inland und mit Blick auf die Rechtsdurchsetzung im Ausland.
Um dies zu gewährleisten, gibt es z.B. präzisere Regeln im Markenschutzgesetz. Der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH (Fédération de l’industrie horlogère suisse) hat sich lange für diese schärferen Regelungen ausgesprochen.
Doch nun sollen diese Regelungen, die allgemeingültig für die Schweizer Industrie sind, per Uhrenverordnung mit Ausnahmen für die Uhrenindustrie aufgeweicht werden:
So sollen Ziffernblätter, Gehäuse und Gläser aus der “Swiss Made”-Kalkulation ausgeklammert werden.
Was bedeutet das konkret?
Diese Ausnahmeregelung würde insbesondere Uhrenhersteller im niedrigeren Preissegment bevorteilen: Natürlich fertigen auch Uhrenhersteller automatisiert, dies ist aber nicht bei allen Komponenten durchgängig problemlos möglich. Einige Komponenten sind kurz gesagt noch relativ personalintensiv…
Niedrigpreisig agierende Uhrenhersteller, die mit einer deutlich geringeren absoluten Marge pro Stück rechnen müssen, spielt es natürlich in die Karten, wenn z.B. das Gehäuse-Finishing von günstigeren Arbeitskräften in China etc. durchgeführt werden kann – ohne, dass das Unternehmen Gefahr läuft, die 60%-Grenze zu unterschreiten.
Aktuelle Marktentwicklungen in der Schweizer Uhrenindustrie
Zuletzt gab die Firma Zenith bekannt, dass sie stellen in der Produktion abbauen möchte. Grund: Zurückgehender Umsatz.
Dies unterstreicht Meldungen der letzten Monate, wonach die Schweizer Uhrenindustrie nicht grade wie die Made im Speck lebt. Die Gründe sind zum einen in den deutlich sinkenden Export-Umsätzen nach Hong Kong zu suchen, einem der wichtigsten Märkte für die Schweizer Uhrenindustrie.
Hongkong leidet zudem darunter, dass die Regierung in Peking den Tourismus vom Festland bremst und mittels verstärkter Zollkontrollen die früher gängige Praxis verhindert, dass Uhren in Hongkong günstig eingekauft und danach in der Heimat mit Gewinn weiterverkauft werden.
Hinzu kommt die Entwicklung des Franken. Die Aufwertung einer Währung führt zu einer Exportverteuerung und damit eine Schwächung der heimischen Wirtschaft.
Sicherlich nicht ganz unbedeutend ist auch die Marktentwicklung von Smartwatches. Im ersten Quartal 2016 ist dieser um 223% gegenüber dem ersten Quartal 2015 gewachsen.
Die Elektronikkomponenten bzw. Chips einer Smartwatch werden natürlich nicht in der Schweiz, sondern z.B. in der starken Taiwanesischen Halbleiterindustrie gefertigt.
Mit der Aufweichung des Gesetzes würde es somit auch einfacher für die Hersteller werden, Smartwatches als “Swiss Made” zu verkaufen (z.B. TAG Heuer Connected).
Fazit
Der Versuch Ausnahmeregelungen durchzusetzen, spricht nicht grade für einen kühlen Kopf der Schweizer Hersteller im aktuellen schwierigen Marktumfeld.
Letztendlich eröffnet man Trittbrettfahrern, denen man es eigentlich schwieriger machen wollte, wieder Möglichkeiten. Hierdurch könnte langfristig das Image von “Swiss Made” ins Wanken geraten…