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Hallo liebe Uhrenfreunde, heute habe ich ein kleines Special für euch! Wir befinden uns mitten in der Jährlichen Urlaubszeit. Sand, Strand, Sonne und Sonnencreme warten auf uns! All dies stellt unsere treuen Begleiter am Handgelenk vor besondere Herausforderungen. Damit ihr euren Uhren nicht schadet, haben wir bereits Mitte Juli einen Livestream „Fit für den Sommer? Diese Fehler Ruinieren deine Uhr!“ gestartet. Natürlich auch jetzt noch zum Nachsehen auf YouTube für euch verfügbar. Nichtsdestotrotz kamen die Tipps aus diesem Video für einen meiner Kunden zu spät! Warum und wieso erfahrt ihr in diesem Bericht!

[Beitrag von Leon Zihang,
Uhrmacher und Kopf hinter ChronoRestore.com]
Leon Zihang Uhrmacher ChronoRestore

Unsere Armbanduhren sind stetig neuen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Diese belasten unsere Uhren mal mehr und mal weniger. Eine sehr große Belastung für Uhren ist tatsächlich der jährlich anstehende Sommerurlaub. Die Verbindung aus Sonneneinstrahlung, die für extreme Temperaturschwankungen in der Uhr verantwortlich ist, Schweiß und Sonnencreme, welche die Dichtungen der Uhren angreifen und natürlich auch Wasser und feiner Sand vom Traumstrand, der unglaublich abrasiv wirken und sich in jede kleine Ritze drücken. Schon im Stream habe ich sinngemäß gesagt, dass selbst die beste Toolwatch, Taucheruhr mit 6 Millionen Meter Wasserdichtigkeit in solch einem Sommerurlaub an ihre Grenzen kommt.

Durch die direkte aggressive Sonneneinstrahlung kommt unsere Uhr ganz schön ins Schwitzen. Durch das Frontglas wird die Uhr extrem schnell stark erhitzt. Wer schonmal eine Weile in einem in der Sonne stehenden Auto gesessen ist, weiß was ich meine. Das Werk mit seinen Ölen und Fetten wird hier also schonmal stark beansprucht. Es erwärmt sich aber natürlich nicht nur das innere der Uhr. Das komplette Gehäuse wird ebenfalls erwärmt und unterliegt deshalb auch stärkeren Verformungen. Jeder weiß es: Temperaturänderungen führen zur Ausdehnung bzw. Schrumpfung von Metallen. Damit es unsere Uhr aber nicht ganz so einfach hat begeben wir uns nach dem angenehmen Sonnenbad, das unsere Uhr auf hohe Temperaturen gebracht hat, ins kühle Nass, um uns und unsere Uhr schnellstmöglich abzukühlen. Diese Abkühlung führt dann wieder zu schneller Schrumpfung des Gehäuses.

Natürlich erwarten wir dann aber, dass die Dichtungen, die hier in stetiger Bewegung sind und den ständigen Verformungen des Gehäuses folgen müssen, ihre Arbeit zuverlässig verrichten und kein Wasser oder sonstige Partikel in die Uhr eindringen lassen.

Am letzten Wochenende durfte ich einen Messestand auf dem wirklich tollen Event der Uhrphoria von Flomp89 und dem lieben Mario Franyi betreiben. Genau da kam ein bekannter Kunde zu mir und hat mir seine Circula Protrail in der „Watchmaxe“-Edition in die Hand gedrückt. Die Uhr glänzt mit einer verschraubten Krone und 15 Bar Wasserdichtigkeit. Zusätzlich hat das Edelstahlgehäuse eine spezielle Härtung erhalten, welche die Uhr extrem kratzfest macht (Kolsterisieren).

Jedenfalls sagte der Kunde, dass er aus allen Wolken gefallen ist, als er unseren Livestream gesehen hat. Für ihn kam er einfach zu spät, denn er war bereits im Urlaub gewesen. Er hat die Uhr ständig getragen. Dabei musste sie mit extremer Hitze, Wasser und Sandstrand klarkommen. Zusätzlich hat er erzählt, dass er in der Wüste über steile Sanddünen gekrabbelt sei und die Uhr bei jedem Schritt einmal durch den Sand gezogen wurde, weil er sich mit seinen Händen im Sand abstützen musste.

Nach dieser Beschreibung hatte ich erstmal größten Respekt vor der speziellen Oberflächenbehandlung. Dafür, dass die Uhr hunderte Male durch den Sand gezogen wurde, sieht sie noch unglaublich gut aus. Lediglich die Polierte Kante der Lünette hat ein paar feine Kratzer abbekommen. Das restliche sandgestrahlte Gehäuse sieht noch aus wie neu. Siehe Bilder 1 bis 7.

Nachdem der Besitzer der Uhr das Video auf YouTube gesehen hat, musste er direkt an seinen actiongeladenen Urlaub denken und hat die Uhr direkt für mich zur Seite gelegt. Ich sollte sie mal in Ruhe öffnen und ihm sagen, ob sich der Sand oder sonstige Partikel bis in die Uhr vorgearbeitet haben. Dem habe ich mich natürlich gerne angenommen und dachte mir, dass es euch ebenfalls interessieren könnte.

Ich habe die Uhr also mit in meine Werkstatt genommen und habe sie so sanft wie nur möglich geöffnet, damit ich die Verschmutzungen nicht direkt überall verteile. In den folgenden Abbildungen kann man aber genau erkennen, dass sich viele feine Sandkörner durch den extrem engen Bereich zwischen Gehäuseboden und Gehäuse bis zur Dichtung vorgearbeitet haben. Diese haben sich dann an der gefetteten Dichtung entlang gesammelt und werden durch das Fett auch noch dort festgehalten.

Tatsächlich haben sich einzelne Sandkörner sogar durch die Dichtung hindurchgearbeitet, sind dann aber an der zweiten inneren Dichtung hängen geblieben (Abbildung 10 und 11).

Der Gehäuseboden alleine ist aber nicht die einzige Schwachstelle an einer Uhr. Auch die Krone habe ich entfernt. Dort sticht einem sofort das verschmutzte Gewinde am Tubus ins Auge. Dieses ist zugesetzt mit einer Mischung aus feinem Sand und Salzpartikeln, gemischt Hautrückständen und kleinen Fusseln, welche vom Fett der Krone zusammengehalten werden. Auch in der Krone selbst ist das Gewinde verschmutzt und ganz unten an der Dichtung auch ein kleines Sandkorn zu finden. Auch hier hat sich der Sand also bis zur Kronendichtung vorgearbeitet.

Natürlich habe ich alle Verschmutzungen gereinigt und auch die Dichtungen von der klebrigen Masse befreit und neu gefettet. Besonders die Gewinde von Gehäuseboden und Krone habe ich ordentlich gereinigt, da sich gerade bei der Krone durch das ständige auf und zu drehen mit der abrasiven Masse ein starker Verschleiß einstellen würde.

Abschließende Gedanken

Ich muss ehrlich sagen, dass ich Schlimmeres erwartet hätte und sich die Circula Protrail extrem gut geschlagen hat. Dennoch konnte man auch sehen, dass sich trotz Dichtungen und hoher Wasserdichtigkeit Verschmutzungen auch durch die Dichtungen hinweg bis ins Innere der Uhr hineinarbeiten können. Besonders begeistert bin ich von dem Gehäuse, welches trotz der hohen Belastungen kaum Tragespuren erlitten hat.

Was ich euch mit diesem Bericht sagen möchte, ist, dass ihr eure Uhren gerne für die Zwecke verwenden sollt, für die sie auch gemacht sind. Eine Outdoor-Uhr wie die Circula ProTrail hat in einem Tresor natürlich nichts zu suchen. Die muss ans Handgelenk und getragen werden. Dennoch sollte man auch noch ein bisschen im Hinterkopf behalten und darüber nachdenken, welche Belastungen man der Uhr gerade zumutet. Alles hat seine Grenzen und so ist es auch mit der besten Uhr! In diesem Fall ist alles noch gut ausgegangen und der Besitzer der Uhr hat sich ja nun auch früh genug um eine ordentliche Reinigung gekümmert. Ich habe aber auch schon andere Fälle erlebt, in denen noch deutlich mehr Verschmutzungen nach innen gelangt sind und vor allem auch Schäden an den Gewinden verursacht haben.

Ich hoffe, dass euch der Einblick wieder gefallen hat und ich euch etwas sensibilisieren konnte! Ich freue mich jederzeit über Rückmeldungen in den Kommentaren!

Vielen Dank und bis Bald!

Euer Leon von ChronoRestore!

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8 Kommentare
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Bernhard
1 Monat zurück

Danke für die interessanten Bilder und den ebensolchen Bericht! Bei einer Uhr mit nur einer Bodendeckeldichtung hätte eine solche Härteprüfung als schon schlechter ausgesehen. Ist so ein doppelt gedichtetes Gehäuse eigentlich eher Standard oder doch eher etwas besonderes? Eine kurze Recherche hat da gar nicht so viel ergeben. lg und macht weiter so!

Peter
1 Monat zurück

Wie immer ein sehr interessanter Beitrag! Erst vergangene Woche im Schaufenster eines Rolex Konzis gesehen: CPO Modelle bratzelten förmlich in Sonnenhitze vor sich hin, Wie sich dieses auf Gehäuse und Verteilung der Schmierstoffe auswirkt ist sicherlich nicht gerade von Vorteil. Da braucht es keinen Urlaub in tropischen Gefilden, Schäden sind so schon absehbar.

Andreas
1 Monat zurück

Da in der Überschrift der Vergleich zu Rolex aufgemacht wird, würde mich nun aber schon interessieren, ob deren Uhren die Abenteuer schadlos überstanden haben müssten.
An Strandtagen trage ich gewöhnlich einen meiner billo Bronzeklötze mit NH35. Gehäusereinigung und Werktausch sollten die -bislang noch nicht nötig gewordene- Revision bezahlbar halten.
Meine beiden Circula liegen hingegen mit Helikopterschaden im Schrank :((

Andreas
1 Monat zurück
Antworten...  Andreas

Da hab ich wohl zwei Überschriften miteinander vermischt. Mein Fehler 🙁

Joachim
1 Monat zurück

Danke für den interessanten bericht, Leon und Mario!

(Mario, kannst Du mir sagen, wie lange mein letztes „käffchen“ her ist (und wieviel es war)?)

Martin
1 Monat zurück

Betr.: Artikel „Sand im Getriebe “
Zitat: „….. 6 Millionen Meter Wasserdichtigkeit“ Häää ???

6 Millionen Meter würde rechnerisch eine Druckdichtigkeit der Taucheruhr von 600000 bar bedeuten

Durchmesser Erde am Äquator = 12742 km.
D.h. bis zum Erdmittelpunkt = 6,37 Millionen Meter.

Eine Taucheruhr, mit der man theoretisch fast zum Mittelpunkt der Erde kommt, wollte ich auch mal haben.