Die Familienmanufaktur aus dem Schweizer Grenchen hört auf ihre Kundschaft und hat ihrem Tiefsee-Dauerbrenner, der Seascoper 600, Ende 2025 ein „Facelift“ spendiert – so viel vorweg: Es ist zwar ein vergleichsweise kleines Update, aber es ist trotzdem eines, das die Seascoper 600 nun noch deutlich „runder“ wirken lässt – im wahrsten Sinne.
Bevor wir uns das näher anschauen, hole ich ganz kurz aus, denn die Seascoper blickt auf eine bemerkenswert lange Tradition zurück. Bereits 1963 – damals noch unter dem Markenschirm von Felca – kam die erste Seascoper-Taucheruhr aus Grenchen auf den Markt. Und die wurde unter anderem sogar offiziell von der Tauchereinheit der südafrikanischen Polizei getragen. Ende der 1960er sehen wir dann den Namen Titoni zunehmend auftauchen: die Felca et Titoni S.A. brachte die Seascoper II mit tonneauförmigem, bis 20 bar wasserdichtem Stahlgehäuse auf den Markt (unten in der Anzeige ganz rechts). Typisch für diese Ära: die wuchtigen, blockartigen Stunden-Indexe.
Fast 60 Jahre später hat Titoni die Seascoper in Form der Seascoper 600 wiederbelebt – allerdings nicht als nostalgische Kopie, sondern als moderne Toolwatch. Der Name ist Programm: 600 Meter Wasserdichtigkeit, Heliumventil, Keramiklünette und – nach wie vor – das hauseigene Manufakturkaliber T10, das zum 100-jährigen Jubiläum der Marke vorgestellt wurde.


Eckdaten Titoni Seascoper 600 Retro:
- Manufakturkaliber T10
- Zifferblatt marineblau mit aufgesetzten Indizes im Kupfer-Gold-Ton
- Old Radium Super-LumiNova
- Gehäuse aus Edelstahl
- Lünetten-Einsatz aus Keramik, marineblau
- Durchmesser 42 mm
- Horn-zu-Horn 52,17 mm
- Höhe 14,45 mm
- Saphirglas mit beidseitiger Antireflexbeschichtung
- Gehäuseboden aus Edelstahl mit Saphirglas-Sichtfenster, verschraubt
- Wasserdichtigkeit 600 Meter / 60 bar
- Heliumventil
- Dreigliedriges Armband aus Edelstahl mit Faltschließe und werkzeugloser Mikroverstellung
- Listenpreis 2250€ (inkl. Zoll/Steuern), direkt bei titoni.ch oder diversen Fachhändlern





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Facelift mit Feinschliff
Auf den ersten Blick könnte man meinen, die neue Seascoper 600 Retro unterscheidet sich kaum von ihrem Vorgänger. Tatsächlich steckt die wesentliche Änderung im Detail: Titoni hat der Lünette nämlich eine überarbeitete Schriftart auf der Lünette spendiert. Klingt unspektakulär? Nun, die Änderung zeigt, dass auch kleine Anpassungen große Wirkung haben können – die Typographie passt nun deutlich harmonischer ins Gesamtbild. Was früher ein wenig wie eine technisch-kantige Schrift aus einer CAD-Software wirkte, fügt sich jetzt richtig schön „organisch“ ins Design ein. Die Uhr wirkt wie aus einem Guss – als hätte sie nie anders aussehen dürfen.


Das Facelift lässt die Seascoper „fertiger“ wirken – visuell stimmiger, ausgewogener und „runder“. Nur schade, dass Titoni den Facelift-Weg nicht konsequent weitergegangen ist: Das weiße Datumsfenster stört die ansonsten makellose Farbkomposition immer noch ein bisschen – zumindest bei der hier im Artikel gezeigten Retro-Variante. Eine blau abgestimmte Datumsscheibe mit cremefarbener Schrift hätte optisch sicher besser gepasst. So bleibt es beim „Tradeoff“ zwischen Schönheit und Funktionalität – die Gesamtoptik leidet ein wenig, die Ablesbarkeit ist mit der weißen Datumsscheibe naturgemäß aber natürlich deutlich besser, zumal wir bei der Seascoper 600 (zum Glück!) ja auch keine Datumslupe vorfinden. In jedem Fall gilt: Für die schwarze und die (ganz neu übrigens bei der Seascoper 600) grün-grüne Variante der Facelift-Seascoper 600 gilt dieser Kritikpunkt allerdings nicht, da diese mit klassisch-weißer Leuchtmasse kommen.




Und noch ein Kritikpunkt bleibt: Die Bandglieder des Stahlbandes sind nach wie vor verstiftet. In dieser Preisklasse – über 2.000 Euro Liste – darf man sich durchaus verschraubte Glieder wünschen, was das Kürzen des Bandes in Eigenregie deutlich erleichtern würde. Schade, denn ansonsten ist das Stahlband haptisch und optisch nach wie vor mehr als gelungen, besonders mit der werkzeugfrei feinjustierbaren Schließe, die über das unscheinbare Pflaumenblütenlogo im Zentrum eingestellt werden kann – insbesondere im Sommer für mich persönlich ein unverzichtbares Feature, zumal die Seascoper 600 mit rund 190 Gramm auch kein Leichtgewicht ist.



Die Designer in Grenchen haben die Balance zwischen Wärme und Kühle beim Zifferblatt der Retro-Variante unverändert perfekt getroffen: Das satt-tiefe Blau vermittelt Tiefe und Ruhe. Dazu gesellen sich kupfer-goldfarbene Indizes und Zeiger, die im Zusammenspiel mit der Titoni-typisch geniale umgesetzten, beidseitigen Entspiegelung des Saphirglases fast schon leuchten – die geniale Entspiegelung verbessert nicht nur die Ablesbarkeit, sondern zahlt auch merkbar auf die hochwertige Optik ein. Unterstützt wird der Look von Super-LumiNova in der Farbe Old Radium, die tagsüber cremig-bräunlich wirkt und nachts grün leuchtet.
Auch die blaue Lünette aus auf Hochglanz polierter, kratzfester Keramik fügt sich wunderbar in das Gesamtbild ein, denn deren (wie erwähnt stark überarbeitete) Typographie tragen denselben cremigen Farbton. Das Ergebnis: eine Uhr, die Retro zitiert, ohne alt auszusehen – quasi „Retro mit Lichtschutzfaktor“. Mit gefällt die Retro-Farbkombination sehr und ich finde es gut, dass Titoni das Modell weiterhin im Programm hat (die blaue Seascoper 600-Variante mit weißer Leuchtmasse und teilweise roter Lünettenschrift hat Titoni übrigens leider (vorerst?) aus dem Sortiment gekickt).





Manufaktur-Technik aus dem Hause Titoni
Unter dem Glasboden schlägt unverändert das bekannte Manufakturkaliber T10, das seit seinem Debüt im Jubiläumsjahr 2019 das Rückgrat der Seascoper 600-Serie bildet. Gegenüber Standardkaliber überdurchschnittliche 72 Stunden Gangreserve, Chronometer-Zertifizierung durch die COSC, die -4 bis +6 Sekunden pro Tag garantiert, sowie eine Frequenz von 28.800 Halbschwingungen sind unverändert an Bord.
Die Eigenentwicklung ist ein mutiger Schritt, der sich sicherlich ausgezahlt hat: In Zeiten, in denen fast alle Marken in dieser Preisklasse ausschließlich auf die Schweizer Drittanbieter Sellita oder (deutlich seltener) La Joux-Perret setzen, steht Titoni mit seinem T10 (neben dem Imagefaktor, Stichwort: Exklusivität) für eine gewisse Unabhängigkeit. Und das übrigens in vierter Familiengeneration – eine Seltenheit in einer Branche, die heute überwiegend von Konzernen und Shareholder-Value dominiert wird.

Das Sichtfenster der Seascoper 600 im Bullaugen-Stil ist charmant und thematisch passend, wenngleich etwas klein geraten: Man bekommt einen Eindruck vom Werk, aber keine volle Aussicht. Es bleibt ein bisschen wie durch den Türspion ins Meer zu schauen – man erkennt sofort, dass da unten etwas Großes und Schönes schlummert, sieht aber nur einen vergleichsweise kleinen Ausschnitt.

Mit 42 Millimetern Durchmesser und einer Höhe von knapp 14,5 Millimetern ist die Seascoper 600 Retro kein Leichtgewicht – weder optisch noch haptisch. Wer seine Uhr gerne am Handgelenk spürt, der liegt hier goldrichtig. Dafür bekommt man aber auch echte technische Substanz: 600 Meter Wasserdichtigkeit und ein Heliumventil, das selbst Berufstaucher beruhigt schlafen lässt.
Das Edelstahlgehäuse ist hochwertig verarbeitet, die polierte Fase an der Innenseite der Hörner ist ein feines Detail, das nur auffällt, wenn man genauer hinsieht – aber genau solche Kleinigkeiten zeigen, dass hier jemand mit Leidenschaft am Werk war.



Retro ohne Rückspiegel
In der Preisklasse von rund 2000€ bekommt man mit der Seascoper 600 nach wie vor relativ viel Uhr für’s Geld, trotz der rund 10% Preiserhöhung auf nunmehr 2250€ für die Retro-Variante (Grün und Schwarz sind mit 2200€ etwas günstiger): Eine Schweizer Taucheruhr von einem familiengeführten, traditionsreichen Hersteller, mit eigenem Manufakturkaliber, pfiffig integrierte werkzeugfreie Feinjustierung Top-Verarbeitung und einer zeitlosen Optik, die dank des Facelifts mit der harmonischen Lünettenschrift nun deutlich „runder“ ist – im wahrsten Sinne. Die neue Seascoper 600 Retro ist sicherlich kein revolutionärer Neuanfang und an der einen oder anderen Stelle hätte ich mir definitiv weitere Detail-Verbesserungen gewünscht (z.B. verschraubte Bandglieder) – aber das Modell ist dennoch ein sorgfältig verfeinertes Kapitel einer langen Geschichte und ein tolles Gesamtpaket, das man so selten vorfindet. Ein Facelift, das aus einer ohnehin schon richtig guten Uhr eine richtig richtig gute Uhr macht.



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Wie es scheint, hat man bei Titoni aber nicht auf dich gehört und der Uhr nun eine Siliziumspirale „gegönnt“ – oder?
Ich finde den Stundenzeiger nicht geglückt, auch wenn dieser unverändert ist. Da waren die 70er wieder das bessere Designvorbild.
Der Blick aufs Uhrwerk ist ja mal sehr positiv von dir beschrieben.
Für mich ist das wirklich ein Design K.O. Warum? Der Blick aufs Uhrwerk zeigt wenig, und das was er mir offenbart ist für mich als Betrachter so uninteressant wie der Blick aus einem Bullauge bei Nacht, aufs offene Meer.
ein schöner Boden, für eine Taucheruhr typisch optisch geschlossenen Zustand mit einer angedeuteten Bullaugenoptik wäre aus meiner Sicht ansprechender gewesen.
Sonst eine durchaus beachtenswerte Uhr für die, die bei 2000€ gern die Geldbörse öffnen.
Schöne Adventszeit!