Zack, weg? Rolex-Trickdiebstahl per Eiscreme-Attacke – ein Erfahrungsbericht aus Barcelona

Drei bis vier Luxusuhren werden in Spanien gestohlen – jeden Tag wohlgemerkt. Die meisten Überfälle passieren in den unter Touristen sehr beliebten Urlaubsdestinationen Barcelona, Málaga, Marbella, Mallorca und Madrid. Rund drei Viertel dieser Raubüberfälle, also Überfälle unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, werden von Neapolitanern begangen, von denen viele mit der italienischen Camorra verbunden sind. Dabei hat die Mafia die Vorgabe erteilt, dass die Uhren mindestens 20.000 Euro wert sein müssen, dabei sich der Raub “lohnt”. Daher beschränken sich die Kriminellen in der Regel auf Marken wie Rolex, Patek Philippe oder Audemars Piguet.

Neben Raubüberfällen gibt es auch eine stetig zunehmende Anzahl an Trickdiebstählen, bei denen die Wegnahme von Luxusuhren durch eine Täuschung verschleiert wird: Benedikt wäre fast Opfer eines solchen Trickdiebstahls geworden – mit seiner freundlichen Erlaubnis teile ich hier seinen Erfahrungsbericht und Bilder von einer Eiscreme-Attacke in der kosmopolitischen Hauptstadt der spanischen Region Katalonien, Barcelona:

Kaum zurück in Barcelona, hat jemand versucht, mir meine Uhr abzuziehen – zum ersten Mal in vielen Jahren.

Zuerst hat mich jemand von hinten mit geschmolzenem Schokoladeneis bespritzt.

Daraufhin hat mir ein Mann seine Hilfe angeboten und mich in einen nahegelegenen Hauseingang gebeten. Er war in meinem Alter, sommerlich leger, doch nicht schlecht gekleidet und trug eine Hulk Submariner (wahrscheinlich fake?). Deswegen hatte ich zuerst auch kein Misstrauen.

Die GMT hatte einen besonders fetten Batzen abbekommen und erst als der freundliche Helfer sie mir zur Reinigung mit Wasser und Taschentüchern abnehmen wollte, schrillten meine Alarmglocken.

Ich habe ihm höflich versichert, dass ich das auch sehr gut allein hinkriegen würde, habe mich freundlich bedankt und mich wieder auf die Straße begeben. Ende.

Der Mann war allein und mir körperlich unterlegen, obendrein war ich in Begleitung meiner Liebsten. Insofern hätte nicht viel passieren können. Mit ein paar kräftigen Komplizen hätte die Sache anders ausgehen können.

Wir sind dennoch zur Polizei gegangen und die Beamten kannten die Masche natürlich schon. Sie haben die Beschreibung aufgenommen und einige Kollegen haben sich sofort auf die Suche nach unserem Helfer gemacht.

Sie haben mir auch erklärt, dass diese Delikte eher mit List und Tücke denn mit Gewalt begangen werden. Für einen einfachen Trickdiebstahl gibt es Bewährung, wird dabei jemand verletzt, gibt es unweigerlich Knast.

Deswegen warteten auch keine kräftigen Männer in dem Hauseingang.

Die goldene GMT ist für mich sowieso “too much” und wegen der Speedmaster hätte mir niemand das schöne Hemd ruiniert.

Dieser Trickdiebstahl kann natürlich auch in Variationen auftreten – auf tourist guide barcelona findet sich beispielsweise dieser Erfahrungsbericht, der dem von Benedikt sehr ähnelt:

Wir wurden auch in Barcelona bestohlen. Als wir die Mallorca-Straße bei Nàpols überquerten, wurden wir mit einer Flüssigkeit bespritzt die so aussah und so roch wie Vogelkacke. Ein Mann so um 20 Jahre alt, der hinter uns gegangen war, sagte dass er einen Vogel über uns fliegen sah. Er hat angeboten, zu seiner Wohnung zu gehen und uns Wasser zu holen. Wir standen in einem Raum, den wir für den Vorraum seiner Wohnung hielten (er hatte einen Schlüssel zu dem Gebäude) während er dabei geholfen hat, uns sauberzumachen. Dann haben wir ein Taxi zurück zu unserem Hotel genommen und dann erst einmal festgestellt, dass wir kein Geld hatten, um den Fahrer zu bezahlen – wir waren vollkommen ausgebeutelt worden von diesem hilfreichen Kerl, unser Geld und unsere Kreditkarten waren weg. 

Das Vorgehen der Trickdiebe ist immer sehr ähnlich: Sie suchen sich ihre Opfer, oftmals ältere Menschen, aus und verwickeln sie zunächst in ein Gespräch. Anschließend nehmen sie Körperkontakt zu den perplexen Opfern auf und lösen die Uhren möglichst unbemerkt vom Handgelenk.

Natürlich können solche Trickdiebstähle auch in hiesigen Gefilden passieren – in Hamburg kam es beispielsweise Mitte 2023 gleich zu mehreren Vorfällen: Eine Rentnerin wurde von einer Frau bedrängt und rief bereits um Hilfe, als die Täterin in einen Mercedes flüchtete. Erst kurz darauf bemerkte die Frau, dass ihre Rolex im Wert von 30.000 Euro fehlte. In München schlug 2023 ein polizeibekannter Trickdieb aus Frankreich zu, nach dem international gefahndet wird: Er riss einem Millionär aus Thailand eine Richard Mille für 400.000 Euro vom Arm. Der Tatort: die noble Maximilianstraße.

Prävention?

Um Diebstähle möglichst zu vermeiden, bleiben nur zwei Optionen: Entweder man lässt sein teures Luxusuhren-Schätzchen lieber Zuhause. Oder man ist – so wie Benedikt – stets misstrauisch, wenn Fremde Kontakt und Nähe suchen. Passiert dies dennoch, sollte man die Leute laut und deutlich auffordern Abstand zu halten – das schafft Aufmerksamkeit.

Wenn man seine Lieblingsuhr nicht Zuhause in der Schublade versauern lassen will, stellt sich auch die Frage nach einer “Außenversicherung”. Eine solche gehört grundsätzlich zur Standardleistung einer guten Hausratversicherung (hakt im Zweifel aber bitte unbedingt bei eurer Versicherung nach!). Das Problem: Klaut ein geschickter Räuber eine Armbanduhr in einem Überraschungsmoment ohne dabei Gewalt anzuwenden (!), so handelt sich um einen nicht versicherten, einfachen (Trick)Diebstahl. Die beispielhaft beschriebenen Vogelkacke- bzw. Eiscreme-Trickdiebstähle sind also in aller Regel nicht von der Hausratversicherung gedeckt. Dies ist erst der Fall, wenn die Kriminellen Gewalt anwenden, was die Diebe aber wegen des Strafmaßes in den Ländern teilweise versuchen zu vermeiden.

Mehr: Uhrenversicherung: Das gilt es beim Versichern von Uhren zu beachten

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