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Mein Uhrenkauf beschränkte sich bisher vornehmlich auf Online-Erfahrungen (insbesondere junge Gebrauchte). Zum einen, da ich das Schicki-Micki-Getue bei vielen Juwelieren einfach nicht mag und die Beratungsqualität meiner Erfahrung nach oftmals nicht zum Wiederkommen anregt. Zum anderen sind die Preise diverser Online-Händler oder auf dem Gebrauchtuhrenmarkt oft sehr verlockend. Dabei kam es auch schon ab und zu vor, dass ich die gekaufte Uhr vorher noch nie am Arm hatte. Kauft man eine Marke, mit der man schon Erfahrungen sammeln konnte, hält sich die qualitative Überraschung i.d.R. auch in Grenzen.

Dennoch: Eine Uhr in dieser Preisregion “blind” zu kaufen, ohne sie jemals am Arm gehabt zu haben, birgt durchaus ein gewisses Risiko, insbesondere weil Farben und Formen auf Bildern oftmals nicht so gut  rüberkommen oder z.B. das Edelstahlband sich dann doch als klapprige Angelegenheit entpuppt.

Ich schleiche schon eine ganze Weile um die 2016 erschienene TAG Heuer Aquaracer Calibre 5 Automatik (mit 43 mm Durchmesser) rum. TAG Heuer-Modelle sind online i.d.R. mit ziemlich guten Rabatten zu bekommen. Dennoch wollte ich das Modell nicht blind kaufen. Ganz im Sinne von ROPO („research online, purchase offline“) habe ich mich also nach meinen Online-Recherchen in die Stuttgarter Innenstadt begeben, um meine Wunsch-Uhr (oder doch eine Alternative?) zu begutachten und (eigentlich) auch zu kaufen…

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Der Uhrenkauf fällt hoffentlich nicht ins Wasser: Das Objekt der Begierde, eine TAG Heuer Aquaracer Calibre 5, Bild: TAG Heuer

Uhrenkauf in Stuttgart: Ein Erfahrungsbericht

Dass man im Einzelhandel nicht mit ausufernden Rabatten beworfen wird, dürfte klar sein. Die Miete für die Geschäftsräume, Personal, Kosten für Sicherheitstechnik etc. bezahlen sich schließlich nicht von alleine. Insbesondere die Räumlichkeiten in exklusiver Lage wie z.B. die Stuttgarter Königstraße sind ein ziemlicher Batzen an Fixkosten.

Auch wenn ich als Wahl-Schwabe natürlich die Spar-Mentalität aufsauge (und ja, mittlerweile schwäbel ich auch a bissle), unterstütze ich auch gerne den Einzelhandel und habe mir vorgenommen in der Stuttgarter Innenstadt einige Juweliere aufzusuchen. Das Ziel war dabei nicht die TAG Heuer Aquaracer nur mal umzuschnallen, um sie dann günstig online zu kaufen, sondern sie bei Gefallen auch gleich mitzunehmen – einen Preis, der nicht unverschämt weit weg vom Online-Preis ist, vorausgesetzt. Außerdem bin ich auch immer offen für Modell-Alternativen, die ich mir gerne live anschauen wollte. Bei der Auswahl an großen und bekannten Juwelieren in der Stuttgarter Innenstadt dürfte das doch kein Problem sein… oder?

Station A: Erster Versuch fernab der Königstraße

Ich fange mal klein an, dachte ich mir. So war meine erste Station ein kleiner und etwas versteckter Juwelier fernab der Königstraße, der auf der Website von TAG Heuer als offizieller Händler gelistet wird. Die Tür war (aus Sicherheitsgründen) verschlossen, nach einem kurzen Klingeln wurden meine Frau und ich hereingebeten. Wir waren die einzigen Kunden im Geschäft, was ich für einen Samstag nachmittag doch eher erstaunlich fand, aber die Lage ist für die meisten potentiellen Kunden wohl doch etwas zu versteckt und die Alternativen auf der Königstraße zu vielfältig.

Umso mehr legte sich aber die sehr freundliche und engagierte Verkäuferin ins Zeug: Wir wurden sofort einem Sitzplatz zugewiesen und mit Espresso und einem kleinen Stück Kuchen bedacht. Die Wohlfühlatmosphäre in dem eher zweckmäßig gestalteten Verkaufsraum war sofort da. Schnell fanden auch die ersten Modelle ihren Weg an unseren Tisch, darunter auch eine blaue TAG Heuer – nur eben nicht die, die ich gesucht habe. Trotzdem war die Verkäuferin voll motiviert und zeigte mir eine Reihe von Alternativen. Das 1×1 der Verkaufspsychologie inkl. Spiegeltechnik kamen dabei ebenfalls zum Einsatz. Bei der Gelegenheit wurde auch meiner Kuchen mampfenden Frau eine Kette angelegt, während ich die Alternativ-Modelle begutachtete. So habe ich mich dann auch ein klein wenig in die neue Omega Seamaster Planet Ocean in der Farbe blau verliebt – beim Anblick des Preisschildes blieb mir dann aber doch mein Stück Kuchen im Hals stecken.

Auch wenn die Dame eine sehr gute Verkäuferin war, hätte ich mir hier und da deutlich mehr Hintergrundwissen gewünscht. Ich erwarte nicht, dass ein Verkäufer zu jedem Modell alles wie aus der Pistole geschossen weiß (das kann ja nicht mal so ein Uhren-Beknackter wie ich), ein wenig Fachwissen schadet aber dennoch nie.

Beim Gehen haben wir dann noch Tipps bekommen, wo wir die gesuchte TAG Heuer Aquaracer eventuell finden könnten. Und genau das waren dann auch meine nächsten Stationen…

Königstraße, Stuttgart (5397509216)
By InSapphoWeTrust from Los Angeles, California, USA (Königstraße, Stuttgart) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Station B: die Stuttgarter Königstraße

Meine Frau und ich steuerten also dann doch den ersten Juwelier in der Königstraße an. Wäre doch gelacht, wenn die gesuchte TAG Heuer Aquaracer dort nicht zu finden ist.

Nachdem uns ein nach Security aussehender Mann reingelassen hat, stürzten sich direkt zwei Verkäufer hektisch auf uns, denen ich mein Anliegen vorgetragen habe. Genau so schnell waren die beiden dann aber auch wieder verschwunden und ließen meine Frau und mich dann etwas verloren stehen. Zumindest konnte ich beim Warten dem Treiben im Geschäft etwas zugucken: Neben uns war nur noch eine handvoll Kunden im Laden, Personal war im Überfluss vorhanden und offensichtlich auf deutlich mehr Kundschaft ausgelegt. Das Geschäft war schon deutlich glamouröser als Station A und wollte ausdrücken: Hier bist du in einem ganz besonderem Laden.

Schön wäre es natürlich gewesen, wenn auch der Service etwas ganz besonderes gewesen wäre: Nach ca. 5 Minuten kam eine etwas gelangweilt wirkende Dame mit einer TAG Heuer Aquaracer im Gepäck wieder, um mir diese an einem Stehtisch mit Barhockern zu zeigen. Leider war es wieder nicht das gesuchte Modell. Unmotiviert und wortkarg machte man auch keine großen Anstrengungen mir weitere Alternativen vorzuführen. Während bei Station A noch alles getan wurde, um uns möglichst lange im Geschäft zu halten, wurde bei Station B keinerlei Wert darauf gelegt. Warum uns auch ein Glas Wasser anbieten, wenn mein gesuchtes Modell nicht vorrätig ist?

Auf ein Neues also…

Die ungeplante und überforderte Station C

Eigentlich waren wir auf dem Weg zu einem anderen Juwelier , ich blieb dann aber doch bei einem Juwelier hängen, der offiziell noch gar nicht als TAG Heuer Store online geführt wurde. Anders als bei Station A und B konnte man einfach munter in das Geschäft reinwatscheln und ich wurde direkt magisch von den TAG Heuer Schaukästen angezogen. Und da war sie: die gesuchte TAG Heuer Aquaracer in blau mit 43 mm Durchmesser.

Mit einem Blick nach links war mir aber sofort klar, dass es kein einfaches Unterfangen wird, das Modell in den Händen halten zu können: Die Personaldecke war offensichtlich viel zu dünn, weshalb ein genervter Kunde nach dem anderen kopfschüttelnd das Geschäft wieder verließ. Trotzdem versuchte ich mein Glück, um einen Verkäufer zu erwischen: Einmal habe ich mir sogar angemaßt eine Dame anzusprechen, die wirkte als habe sie gerade Zeit, woraufhin mir ein eher unfreundliches und knappes “nein” entgegen geschmettert wurde. Weitere Kunden waren hier offensichtlich ungern gesehen, weshalb auch ich genervt zu Station D zog…

Station D: Luxus pur

Wenige Meter weiter gingen wir dann in ein Geschäft, das mit seiner beeindruckenden Inneneinrichtung bisher mit Abstand den luxuriösesten Eindruck machte. Der große Verkaufsraum machte zwar keinen vollen Eindruck, offensichtlich waren aber alle Verkaufsplätze und sogar der Wartebereich in der Mitte belegt, weshalb wir notdürftig am Rand auf Stühlen untergebracht wurden, die ich eigentlich eher als Deko-Stühle ausgemacht hatte. Dennoch gab man uns zwischendurch einen aktuellen Stand, dass es nicht mehr lange dauert, entschuldigte sich und bat uns etwas zu trinken an – klasse.

Nach ca. 10 Minuten Wartezeit kam ein adrett gekleideter junger Mann in unserem Alter, der sich mit Vornamen und Handschlag vorstellte und uns zum Verkaufsplatz führte. Schnell war aber auch hier klar, dass meine gesuchte TAG Heuer Aquaracer vergriffen ist. Dennoch legte sich der sympathische Verkäufer ins Zeug, um mir Alternativen anzubieten. Auch fachlich war er mit Abstand am besten, sodass etwas Fachsimpelei möglich war.

So richtige Funken sind bei den Alternativen aber nicht übergesprungen, sodass ich es (etwas widerwillig) doch noch mal bei Station C probiert habe…

Neuer Versuch bei Station C

Auch wenn es mittlerweile etwas leerer war, standen wir ca. 10 Minuten wartend in der Gegend rum, bis sich dann doch mal jemand um uns kümmerte. Zum Glück haben wir aber eine tiefenentspannte Verkäuferin erwischt, die zwar auch nicht gerade fachlich versiert, aber sehr freundlich und sympathisch war und sich Zeit für uns genommen hat.

Auch die TAG Heuer Aquaracer, die ich nach den drei erfolglosen Versuchen davor schon fast abgeschrieben habe, konnte ich nun endlich begutachten. Und sie gefiel mir – ziemlich gut sogar. Also fragte ich nach einem Rabatt bei Barzahlung.

Im Einzelhandel bei Juwelieren sind Rabatte natürlich auch möglich. Meiner Erfahrung nach bewegen sich diese allerdings in der Regel maximal im einstelligen Prozent-Bereich – je nach Marke und Geschäft. Insbesondere die Rabatte bei TAG Heuer-Modellen sind aber oftmals attraktiv. Die Verkäuferin musste den Rabatt kurz mit ihrem Chef abklären und bot 10% Nachlass an. Das war sicher kein schlechtes Angebot, mein Frust-Pegel war allerdings schon so ausgeprägt, dass ich doch mit dem Kauf zögerte. So zog die TAG Heuer Aquaracer schließlich doch nicht bei mir ein. Stattdessen habe ich mich bei einem kleinen, aber feinen Juwelier fernab der Großstadt für ein doch etwas anderes Modell entschieden…

Fazit zum Uhrenkauf im Stuttgarter Einzelhandel

Ziemlich frustrierend war sie, meine Suche nach dem konkreten TAG Heuer-Modell und die Beratungsqualität war größtenteils auch ziemlich ernüchternd. Wenn man sich gerne in dem einen oder anderen Laden mit Kaffee und Kuchen betüddeln lässt und das nötige Kleingeld hat, sich zu einem Spontankauf verleiten zu lassen, ist das Abklappern von Juwelieren in einer Großstadt wie Stuttgart aber sicher nicht verkehrt. Bei einem konkreten Modellwunsch schaut man aber schon mal in die Röhre…

Wo es mich stattdessen hingezogen hat, schildere ich in diesem Artikel.

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3 Kommentare
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Tom
4 Jahre zurück

Naja, wenn man beratungsintensive Verkaufsgespräche führen möchte, ist Samstag nachmittag in der Königstraße sicherlich ein sehr unglücklich gewählter Zeitpunkt. Auf die gleiche Idee sind auch schon einpaar andere gekommen. Wenn man seine Termine etwas flexibel legen kann, dann evtl besser an einem anderen Tag.

Tony
6 Jahre zurück

Hey, mich würde mal interessieren wie die Geschäfte heißen bei denen du warst.
Lg tony

TobiasE
7 Jahre zurück

Kann ich leider uneingeschränkt bestätigen. Ich war heute auch unterwegs und musste feststellen, dass viele Verkäufer wenig bis keine Ahnung haben. Auch das Thema Preis ist so eine Sache. Ich verstehe, dass stationäre Händler nicht die Preise geben können wie Online Händler. Aber wenn ich online 25% bekomme, wie kann es sein, dass stationär nur maximal 5% drin sind. So ist es mir letztens ergangen. Allerdings, um nochmal auf meinen ersten Teil es Kommentars zu kommen, finde ich es viel schlimmer, dass Uhrenverkäufer, so zumindest zum großen Teil meine Erfahrung, nichts oder wenig von ihrem Produkt kennen, welches sie verkaufen und ich meine jetzt kein unglaubliches Spezialwissen. Fazit bei mir ist, dass ich auch weiterhin online kaufen werden. Komischerweise können mir die Damen und Herren dort per Mail oder aber auch am Telefon kompetenter zur Seite stehen.